NATO und Warschauer Pakt zwischen »Rüstungswahn« und Herrschaftskalkül
Überlegungen zu den »Exterminismus«-Thesen Thompsons und Bahros
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v11i45.1537Schlagworte:
NATO, Warschauer Pakt, Rüstung, Herrschaft, ExterminismusAbstract
In der halböffentlichen und öffentlichen Artikulation von Zukunftsängsten hat im vergangenen Jahr eine bemerkenswerte Verschiebung stattgefunden. Dieser Wandel läßt sich an der Fixierung auf ein neues Datum der Kulmination bedrohlicher Entwicklungen beobachten: War bis vor kurzem das Schlüsseljahr »1984«, so wird nun zunehmend »1983« zum Symbol für eine nicht mehr umkehrbare Wendung zum Untergang. Freilich unterscheiden sich beide Daten nicht nur darin, daß die Bedrohung ein Jahr näher gerückt ist, sondern vor allem dadurch, daß »1984« als Zeichen für einen schon länger zu beobachtenden innerstaatlichen Formierungsprozeß stand, während 1983 direkte Bedeutung als reales Datum
hat: In diesem Jahr sollen nach dem Willen der Außen- und Verteidigungsminister der NATO nuklearbestückte Mittelstreckenraketen auf europäischem Boden stationiert werden. Damit rückt die Wahrscheinlichkeit eines Massenmords an der europäischen Bevölkerung durch einen nuklearen »Schlagabtausch« näher. Für bedeutende Teile der Friedensbewegung ist dieses Datum zum absolut dominierenden Bezugspunkt geworden: »Wir müssen den Modernisierungsprozeß der NATO stoppen. Sonst haben wir diesen einen weiteren Schritt getan, der diesen gesamten Prozeß unumkehrbar macht.«