»Krise des Sozialstaats« - Krise für wen?
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v17i67.1344Schlagworte:
Krise, Sozialstaat, Ökonomie, DeutschlandAbstract
Als der bekannte Futurologe XY anhub, die letzte Frage zu beantworten, war Woytila wohl längst eingedöst. Reifere Menschen konzentrieren sich eben auf Probleme, nicht auf Lösungen. Das braucht uns jetzt nicht zu interessieren. Zu denken gibt jedoch, daß der Krisenbegriff schon in Castelgandolfo Einlaß gefunden hat. Dort kommt schließlich nicht jeder hinein. Wackelt etwa der Heilige Stuhl? Oder interessiert sich die älteste aller bekannten Großorganisationen für die Möglichkeiten, die in einer Absegnung des »verbreiteten Krisenbewußtseins« stecken? Wird Woytila demnächst alttestamentarische Plagen für die Jahrtausendwende ankündigen? Nach dem Vorgang der »Überbietungstheorien« hätte er damit nur statusangemessen übertrumpft, was die Theoretiker der »Langen Wellen« anzubieten haben: Langfristprognosen mit dem Akzent auf der Gegenwart als »Wendezeit«. Dieser Dramatisierungseffekt des Krisenbegriffs scheint ihn inzwischen allseits beliebt zumachen. Normalität wird in Frage gestellt. Entscheidungen werden abverlangt. Je schärfer die Krise, desto bedeutender die Akteure, desto wichtiger deren der Situation angemessenes Bewußtsein, desto aufgewerteter die Theorie, mit der die Krise antizipiert oder diagnostiziert wird.