Thesen zum historischen Verhältnis von Marxismus und Arbeiterbewegung
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v9i36.1627Schlagworte:
Marxismus, Arbeiterbewegung, Krise, Sozialdemokratie, KommunismusAbstract
Die Rede von der Krise des Marxismus ist fast schon modisch geworden. Von Eurokommunisten formuliert, wurde sie sehr schnell in ganz Europa von der Linken aufgegriffen. Als Formel ist sie vage genug, um die jeweils subjektiven Vorstellungen zu Marxismus und Arbeiterbewegung hineinzuprojizieren. Den einen erscheint sie als Abkehr von längst überfälligen marxistischen Dogmen, den anderen als typische Kränkelei von kleinbürgerlichen Intellektuellen. Ob nun Rationalisierung eines Rückzugs vom Marxismus oder Legitimation einer marxistischen Linie - die Tatsache allein, daß die Krise des Marxismus so viele Linke bewegt, dokumentiert, daß der Marxismus teilweise oder gänzlich als unfähig erfahren wird, handlungsorientiert praktisch-emanzipatorische Prozesse anzuleiten. Dieses soziale Faktum sollte ernst genommen werden, gerade wenn man mit Althusser der Meinung ist, daß aus der Krise des Marxismus etwas Neues und Lebendiges befreit werden, d.h. ein besserer Marxismus entstehen sollte. Die Suche nach den Ursachen dieser Erfahrung darf sich allerdings nicht mit billigen Floskeln wie des mangelnden Klassenbewußtseins oder der ungenügenden Vermittlung des Marxismus zufriedengeben, sondern muß selbstkritisch die Frage stellen, inwieweit diese Erfahrung nicht auch in überkommenen und weitergeführten Marxismustraditionen ihren Grund hat.