Bd. 19 Nr. 77 (1989): Arbeitslosigkeit

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Angetrieben von hohen Exportüberschüssen geht der ökonomische Aufschwung in der Bundesrepublik in sein achtes Jahr. Auch wenn sich die Zuwachsraten des Sozialproduktes im Zyklendurchschnitt auf einem historisch relativ niedrigen Niveau bewegen, handelt es sich doch um den zeitlich längsten Aufschwung der Nachkriegsgeschichte. Eine ideale Konstellation dafür, so sollte man meinen, daß sich der insbesondere von Konservativen beschworene Zusammenhang von Wachstum der Produktion und der Beschäftigung auch in einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen übersetzt? Tatsächlich aber ist die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen nur geringfügig zurückgegangen. Die allmonatlichen Fernsehauftritte des Präsidenten der Nürnberger Bundesanstalt, Franke, verheißen zwar periodisch Licht am Ende des Tunnels - allein es handelt sich dabei offensichtlich im Irrlichter, die als Hoffnungsschimmer zu erkennen es einer besonderen Begabung bedarf. Anders als noch zu Beginn der siebziger Jahre, als das Überschreiten der Millionen-Grenze Nahrung für vielfältige Spekulationen über die Grenzen politischer Legitimität und sozialer Stabilität der westdeutschen Gesellschaft bot, hat sich die Öffentlichkeit hierzulande offensichtlich mit der Existenz von Massenarbeitslosigkeit auf hohem Niveau arrangiert. Daran haben weder gewerkschaftliche Versuche, den Dauerskandal Massenarbeitslosigkeit zu thematisieren, noch die politischen Selbstorganisationsversuche von Arbeitslosen etwas ändern können.

Veröffentlicht: 1989-12-01