Irreguläre Beschäftigungsverhältnisse und soziale Sicherheit. Facetten der »Erosion« des Normalarbeitsverhältnisses in der Bundesrepublik
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v19i77.1215Schlagworte:
Deutschland, Arbeit, Sozialpolitik, BeschäftigungsverhältnisseAbstract
Irreguläre Beschäftigungsverhältnisse (Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit, »unechte« und »alternative« Selbständigkeit) sind in den letzten Jahren häufiger geworden. Dies ist nur z.T. auf Maßnahmen institutioneller Flexibilisierung im Regulierungssystem der Arbeitsbeziehungen (beispielsweise auf das Beschäftigungsförderungsgesetz) zurückzuführen. Mindestens ebenso bedeutsam ist, daß das auf Kontinuität und Stabilität von (Vollzeit-) Beschäftigung zugeschnittene »Korsett« des sog. »Normalarbeitsverhältnisses« den differenzierten Bedü1fnissen und »flüssigeren« Lebensentwürfen insbesondere von Arbeitnehmerinnen immer weniger gerecht wird. Das Normalarbeitsverhältnis wird für die Majorität der männlichen Erwerbstätigen wohl noch lange Zeit handlungsleitender Bezugspunkt bleiben. Doch die in den letzten Jahren vollzogenen Einschnitte ins Netz sozialer und rechtlicher Sicherung haben all diejenigen, die von M eh1fach- bzw. Langzeitarbeitslosigkeit betroffen oder irregulär beschäftigt sind, zu einer marginalisierten »Restgröße des Arbeitsmarktes« werden lassen und der mehr schlechten als rechten Verwaltung durch den Sozialstaat überantwortet. Ein »garantiertes Mindesteinkommen « wäre vielleicht eine Alternative zum ausgrenzenden Normalarbeitsverhältnis - ebenso aber wären dies Regelungen für die Finanzierung von Arbeiten, die nicht im Beschäftigungssystem verrichtet werden, mithin Politiken, die auf erweiterte Optionen für die Individuen und auf eine Dezentrierung von Erwerbsarbeit hinauslaufen.