Bd. 19 Nr. 76 (1989): Flexible Individuen

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Zwei in der aktuellen Diskussion prominente Schlagworte liefern den Anlaß zu unserem Schwerpunktthema: »Individualisierung« und »Flexibilisierung«. Mit der These von der »Individualisierung« wird zwar nicht behauptet, daß mit der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung, der zunehmenden Verrechtlichung und einer allgemeinen Anhebung des Lebensstandards in der Bundesrepublik die Relationen zwischen verschiedenen Lagen sozialer Ungleichheit aufgehoben werden; wohl aber bezweifelt die heute bis weit in das gewerkschaftliche Lager hinein so beliebte Individualisierungsthese, daß diese Relationen im Gegensatz etwa zur Vorkriegszeit- heute noch zur Ausbildung stabiler sozialer Milieus oder - um es mit Weber zu formulieren - zur Konturierung »sozialer Klassen« führen. Mit der sukzessiven Auflösung ungleichheitsrelevanter lebensweltlicher Gemeinsamkeiten verbinden viele intellektuelle Zeitgenossen Prozesse »zivilisationsbedingter Verelendung«, andere sehen in dem epochalen Individualisierungsschub einen ebenso unwiderruflichen wie notwendigen Schritt zur Realisierung der Moderne: die Freisetzung der Individuen aus kollektiven Zwängen und traditionellen Gemeinschaftsbezügen

Veröffentlicht: 1989-09-01