Momente des bürgerlichen Staates in der griechischen Polis (1)
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v5i17/18.1747Schlagworte:
Bürgerlicher Staat, Polis, StaatstheorieAbstract
Die Überschrift fordert zum Widerspruch heraus, sie soll es wenigstens: Momente des bürgerlichen Staates in einer Sklavenhaltergesellschaft, in einer längst vergangenen, nichtkapitalistischen Gesellschaft? Gegen solchen Widerspruch geht die folgende Darstellung von der These aus, daß es eine ,antike bürgerliche Gesellschaft' gegeben hat, die der ,modernen bürgerlichen Gesellschaft' frappant ähnlich war, zumindest in deren frühen Phasen. Diese alte ,bürgerliche Gesellschaft' ( der Begriff selbst stammt aus der athenischen Politikwissenschaft) war bestimmt von dem Konflikt zwischen herkömmlichen Formen direkter Vergesellschaftung (z.B. der Stammesorganisation) und einer bereits recht ausgedehnten Zirkulation von Waren bzw. der Existenz des Geldes. Diese allgemeinste Ware (als Münze, aber auch schon als Schatz und als Geld- und Handelskapital) ist nicht einfach das Instrument einer fortschrittlicheren Form der Güterverteilung und damit der Arbeitsteilung, sondern wesentlich der Ausdruck einer zukunftsträchtigen Weise der Vergesellschaftung, die im Verhältnis des Kapitals zur Lohnarbeit ganz zu sich selbst kommt. Daß schon im Geld als solchem eine neue Gestalt der Vergesellschaftung sich unheimlich ankündigt, wurde in der Antike empfunden und abwehrend ausgesprochen: ,,Jenes Schatzhaus, das sich jeder für sich mit Gold vollgefüllt hat, richtet diese Gesellschaftsform zugrunde", bemerkte Platon im „Staat" (S. 550 f) (2). Das Geld wurde also nicht nur als ein nützliches Ding oder Instrument zur Erleichterung des Austauschs begriffen (auch diese Auffassung wurde aber schon formuliert), sondern als eine neue, rücksichtslos-dynamische und über die Köpfe der Menschen verselbständigt Macht, als Gottheit wahrgenommen (3).