Praxisphilosophie: Geschichtliches Handeln und Naturdialektik
Zu Wolfdietrich Schmied-Kowarziks Buch 'Die Dialektik der gesellschaftlichen Praxis'.
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v13i50.1490Schlagworte:
Praxisphilosophie, Marx, Marxismus, Kritische Theorie, DialektikAbstract
Wer Marx war - das scheint heute eine abgeklärte Frage zu sein: Ein Priester des Hegelianismus, ein Prophet proletarischer Offenbarung, ein Geschichtsmetaphysiker. Marxismus? - Eine proletarische Religion, eine Theophanie des Kommunismus. Hegels Philosophie? - Der idealistische Wahn eines vom Rationalismus ergriffenen Theologen. Das Proletariat? - Marx zufolge die inkarnierte Heilsgewißheit. Marx? Ein Irrtum! Marxismus? Eine epochale Sackgasse! Haben sich die Hoffnungen des Marxismus auf die revolutionäre Rolle des Proletariats etwa nicht als unerhörte Fehlprognose, als ein phantastischer Traum erwiesen? Und hat Marx etwa nicht die Industrie verherrlicht, wenn er in ihr jene Produktivkräfte heranreifen sieht, die die Basis einer sozialistischen Gesellschaft bilden werden? Hat er damit nicht unbedacht, verführt durch einen empirisch gleichgültigen und analytisch unfruchtbaren philosophisch-hegelianisierenden Sprachgebrauch, für einen Sozialismus der Supertechnologien plädiert, gleichsam einen Sozialismus der Atomkraftwerke, Startbahnen und Betonwüsten? Hat er nicht, mit Hegel auf den Kopf gefallen, den naturnotwendigen Zusammenbruch des Kapitalismus prophezeit? Und schließlich: Lehrt der sogenannte 'reale Sozialismus', die 'Diktatur über das Proletariat' nicht, was herauskommt, wenn versucht wird, das Marxsche Denken zu verwirklichen?