Die Kunst der Unterentwicklung
Eine Bestandsaufnahme Kalabriens/Süditaliens zehn Jahre nach dem Aufstand von Reggio
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v11i42.1571Keywords:
Entwicklung, Italien, Ökonomie, KlientelismusAbstract
Das Italien der 80erJahre sei - so sagt man - zutiefst langweilig geworden. Mit dem Ende der »heroischen Zeit«, nach den großen Kämpfen und Massenbewegungen, interessiere sich niemand mehr für dieses Land mit seiner immer wiederkehrenden Abfolge absurder Attentate und mit einer absonderlichen Wirtschaftskrise, die sich in stets gleicher Form zu reproduzieren scheint. Und die Politik der KPI, einmal von Mißerfolg gekrönt, hat den Glanz des Eurokommunismus verblassen und das Interesse an ihm leicht schwinden lassen. Während noch 1978 einige Beobachter glaubten, daß »Italien gegenwärtig in eine Phase letztlich revolutionärer Gesellschaftsveränderung« eintrete (Albers 1979, 7), bahnte sich in Wirklichkeit eine Tendenz gesellschaftlicher Restauration und Stabilisierung an. Die 80erJahre seien - so hört man - das Jahrzehnt der Erinnerungen. Es können Jahrestage gefeiert werden: 10 Jahre nach den großen Arbeiterkämpfen, 10 Jahre nach dem Anschlag auf die Mailänder Landwirtschaftsbank, 10 Jahre nach dem großen Vorrücken der Linksparteien... - Sollte dem so sein, so wollen wir der Kette der Jubiläumsdaten ein weiteres Glied zufügen und auf jenes Ereignis zu sprechen kommen, das in schlagender Weise die politische Niederlage der sozialistischen und kommunistischen Kräfte in Süditalien zu Beginn der 70erJahre markierte. Und dies nicht aus purer Nostalgie oder Niedertracht, sondern um aufzuzeigen, daß im Italien der späten 70erJahre weiter bedeutsame Veränderungen stattfanden und von einem Gleichlauf gar nicht die Rede sein kann.