Einheitsfront und Volksfront in Deutschland

Autor/innen

  • Peter Brandt

DOI:

https://doi.org/10.32387/prokla.v7i26.1703

Schlagworte:

SPD, KPD, Deutschland, Arbeiterbewegung, Parteien, Bündnispolitik

Abstract

Die Geschichte der Bemühungen um die Herstellung der Einheit der Linken in Deutschland seit der Spaltung der Sozialdemokratie im Ersten Weltkrieg ist - von wichtigen und richtungweisenden Ausnahmen abgesehen - die Geschichte ihres Scheiterns. Dabei scheint im Nachhinein gerade hier die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes gegen die monarchistisch-militärische und die faschistische Konterrevolution auf der Hand zu liegen. Die kampflose Niederlage 1933 mit ihren kaum zu überschätzenden demoralisierenden Folgen und die Unfähigkeit der deutschen Arbeiterklasse, eine nennenswerte Rolle bei der Niederschlagung des Nationalsozialismus zu spielen, verleihen der Bündnisfrage in bezug auf Deutschland eine besonders dramatische Note. Sowohl die Träger der revolutionären Tradition des Bolschewismus (Trotzkisten, Blandlerianer) als auch die Apologeten der diversen - realen oder imaginären - Zusammenschlüsse aller "antimonopolistischen Demokraten", "Patrioten", "Friedensfreunde" o. ä. glauben eine Strategie sozialistischer Transformation und zugleich eine hinreichend ausgearbeitete und flexible Bündnispolitik zu besitzen, die - seinerzeit konsequent angewendet - den Sieg des Faschismus verhindert und eine progressive Entwicklung der deutschen Gesellschaft eingeleitet hätte, zum Teil werden die aktuellen politischen Strategien gerade auch als theoretische Verallgemeinerungen der „Lehren" des antifaschistischen Kampfes angesehen. Als Ergebnis einer solchen Haltung wird der Streit um historisch oder geographisch abliegende Linkskoalitionen - in der Bundesrepublik gibt es „Volksfronttendenzen" nicht ohne Grund nur in marginalen Bereichen - von den westdeutschen Sozialisten und Kommunisten zwar ohne Bereitschaft zu wirklicher Auseinandersetzung, dafür aber mit umso mehr Emotionen geführt: Während die einen in allem, was nicht durch die von den Bolschewiki und den ersten Weltkongressen der Komintern erarbeiteten Schemata abgedeckt scheint, „Verrat" und „Opportunismus" sehen (dabei unterstützt von linkskommunistischen Gruppen, die bündnispolitische Überlegungen von vornherein ablehnen), widmen sich die anderen der Verklärung einer von ihnen bejahten Politik, die rationale Kritik praktisch ausschließt. So basteln beide auf ihre Weise an einem Volksfrontmythos.

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Veröffentlicht

1977-03-01

Zitationsvorschlag

Brandt, P. (1977). Einheitsfront und Volksfront in Deutschland. PROKLA. Zeitschrift für Kritische Sozialwissenschaft, 7(26), 35–74. https://doi.org/10.32387/prokla.v7i26.1703

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