Radikalisierung oder Japanisierung? Die Entwicklung des »schwedischen Modells« industrieller Beziehungen in den achtziger Jahren
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v14i54.1457Schlagworte:
Radikalisierung, Japan, Schweden, Gewerkschaften, KräftverhältnisseAbstract
Ende der sechziger Jahre hat in der schwedischen Gewerkschaftsbewegung eine Phase deutliche Radikalisierung begonnen. Der Kontrast zu den vorangegangenen zwei bis drei Jahrzehnten war groß. Bis dahin orientierten die Gewerkschaften auf die Höhe der effektiven Produktion als Voraussetzungen für Lohnerhöhungen, ohne in einzelwirtschaftliche Prozesse zu intervenieren. Dies änderte sich Ende der sechziger Jahre mit Forderungen nach Mitbestimmung und Humanisierung des Arbeitslebens. Diese Forderungen jedoch waren primär an die staatliche Gesetzgebung gerichtet. In dem Versuch der Instrumentalisierung des Staates - und insoweit kann man von Radikalisierung sprechen - lag ein Bruch mit der bisherigen Praxis des »schwedischen Modells« industrieller Beziehungen, nämlich der T radition, daß Gewerkschaften und Arbeitgeber ihre Beziehungen über Abkommen selbst regeln, um staatliche Maßnahmen so zu verhindern oder zu erübrigen. Die verstärkte Einbeziehung des Staates resultierte in Gesetze über Mitbestimmung, Humanisierung des Arbeitslebens und Arbeitnehmerfonds, welche die Positionen der Beschäftigten - in unterschiedlichem Ausmaße - verbesserten. Bereits Mitte der siebziger Jahre und bereits bevor etwa das Mitbestimmungsgesetz in Kraft trat, veränderten sich wesentliche Rahmenbedingungen. Etwa gleichzeitig mit der Regierungsübernahme durch die bürgerlichen Parteien im September 1976 verschlechterte sich die Wirtschaftslage drastisch und es kam zum Personalabbau in vielen Unternehmen.