Bd. 42 Nr. 168 (2012): Die EU und der Euro in der Krise

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Von einer Krise der europäischen Integration zu sprechen, wirkt fast schon abgedroschen. Es ist gerade sechs Jahre her, da wurde – kurz vor dem Ausbruch der neuen, großen Weltwirtschaftskrise und nicht zuletzt auch in der PROKLA (Nr. 144 Europa, September 2006) – eine Verfassungskrise der EU diagnostiziert. Krisen in der Geschichte der europäischen Integration sind nichts Neues. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise 2008/09 haben jedoch zu einer Eskalation der Widersprüche dieser Integration geführt. Die kapitalistische Produktionsweise führt immer wieder zu einer räumlich ungleichen Entwicklung: Das produktive Kapital ballt sich aus historischen Gründen und aufgrund von Agglomerationsvorteilen an bestimmten Orten zusammen; Arbeitsproduktivität, Klassenauseinandersetzungen und Profitabilität des Kapitals entwickeln sich national und regional unterschiedlich. Das Resultat ist nicht nur eine ausgeprägt hierarchische internationale Arbeitsteilung; die ungleichen internationalen Waren- und Kapitalströme führen auch zu Ungleichgewichten in den Zahlungsbilanzen. Das Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland war 1991 fast viermal so hoch wie in Griechenland, im Jahr 2010 war es immer noch fast anderthalbmal so hoch. Während der Mitgliedschaft beider Länder in der Europäischen Gemeinschaft bzw. in der Europäischen Union ist es also durchaus zu einem Prozess der Konvergenz gekommen. Aber das höhere Wachstum der Einkommen in Griechenland erfolgte auf der Basis hoher Kapitalimporte und einer zunehmenden außenwirtschaftlichen und finanziellen Instabilität. Die Art und Weise des Wachstum erwies sich letztlich mit der Krise als unhaltbar. Seit 2008 nimmt das Gefälle in den Pro-Kopf- Einkommen zwischen Deutschland und Griechenland wieder zu.

Veröffentlicht: 2012-09-01