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Arbeit ist in Deutschland wieder ins Zentrum gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzungen gerückt. Die Debatte urn Mindestlöhne, der Streik der Lokomotivführer, die Konflikte um die Umsetzung des Entgeltrahmenabkommens in der Metallindustrie, die Proteste gegen die geplante Schließung des Nokia-Werks in Bochum - all dies zeigt, dass sich die Erwerbsarbeit und ihre Einbindung in nicht erwerbsförmige Arbeit in den letzten beiden Jahrzehnten weitreichend verändert haben, damit aber auch die Formen und die Ziele der Kämpfe um sie. Da ist zum einen die zunehmende Erosion des tarifrechtlichen Schutzes. Nicht nur die Krafteverhältnisse in den Unternehmen haben sich verschoben, sondern diese Entwicklung wurde zudem von einer Politik zugunsten der Interessen der Kapitalanleger wohlwollend begleitet. Unisono forderten "Wirtschaft" und "Politik", das Gebot der "Flexibilität" in der Arbeit durchzusetzen und die Aushandlung der Entlohnung auf die Unternehmensebene zurückzuführen. Flankiert und gefördert von Veränderungen im Arbeits- und Sozialrecht mutierten die Flächentarifvertrage daher immer stärker zu einem mehr oder weniger lockeren Rahmen fur betrieblich ausgehandelte Sonderregelungen. Daneben sind erhebliche tarifvertragsfreie oder von "gelben Gewerkschaften" im Interesse der Unternehmensführungen vertretene Zonen entstanden, und zwar vor allem im Niedriglohnbereich. Dies hat nicht nur die Arbeits- und Lebensbedingungen der meisten Lohnabhängigen verschlechtert, sondern schließlich auch eine wichtige Funktion kollektiver Regelungen für die Kapitalseite unterminiert - die Dämpfung der Konkurrenz durch Lohn- und Arbeitszeitstandards. Die Kämpfe um einen Mindestlohn haben daher mindestens zwei Seiten. Von gewerkschaftlicher Seite handelt es sich um Versuche, die Politik ins Spiel zu bringen, um die schwächsten Kategorien der Lohnabhängigen vor einem freien Fall ihrer Einkommen zu schützen. In bestimmten Branchen scheint es aber auch ein zunehmendes Interesse an einer Schadensbegrenzung durch Teile des Kapitals zu geben, die in der verschärften Unternehmenskonkurrenz zu verlierern zu werden drohen.
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PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft |ISSN: 0342-8176 | Impressum und Datenschutz