Bd. 39 Nr. 155 (2009): Sozialismus?

					Ansehen Bd. 39 Nr. 155 (2009): Sozialismus?

Yom 21. bis 26. Oktober 1985 fand in Cavtat bei Dubrovnik das zehnte "round table" Gespräch der Zeitschrift "Sozialismus in der Welt" statt. Das Thema jener Veranstaltung war "Sozialismus im 21. Jahrhundert". In der intellektuell recht offenen Atmosphäre Jugoslawiens ging es darum, sich Rechenschaft über neue Technologien, die sozialen Bewegungen, über die damalige Krise des Kapitalismus und die Möglichkeiten des Sozialismus vor der Schwelle des neuen Jahrtausends abzulegen. Fünf Jahre später schien es kaum noch möglich, von einer sozialistischen Zukunft zu sprechen. Die "Volksdemokratien", in denen kommunistische Parteien regiert hatten, waren ebenso wie die Sowjetunion am Ende. Auch jener Teil der Linken in den westlichen Ländern, die den "Realsozialismus" schon lange kritisiert hatten, waren angesichts von dessen Zusammenbruch weitgehend sprachlos. Wer an sozialistischen Vorstellungen festhielt, tat dies eher defensiv (vgl. die Beitrage in PROKlA 78 Auf der 5uche nach dem verlorenen Sozialismus, März 1990). Markt und repräsentative Demokratie triumphierten, wieder einmal redeten die euphorisierten bürgerlichen Geschichtsphilosophen vom Ende der Geschichte. Doch obwohl diese Jahre eine Zeit ohne Alternative zu sein schienen, war dem nicht so. Zur Weltumweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro konnten Basisbewegungen aus allen Regionen der Erde im umfassenden Sinn globale Themen auf die Agenda der Weltpolitik bringen. In Mexiko begann der Widerstand der Zapatisten, auf dem lateinamerikanischen Kontinent kamen mehr oder weniger linke Regierungen zustande, es begann die Serie der Weltsozialforen. Die Kämpfe der indigenen Bevölkerung, die Kämpfe der Landlosen, die Fabrikbesetzungen ließen erkennen, dass der Neoliberalismus nicht damit erfolgreich war, die Zukunft unter seinen monokulturellen Litaneien zu begraben. Das 150-jährige Jubiläum des "Kommunistischen Manifests" im Jahre 1998 zog erstaunlich große Aufmerksamkeit auf sich, der Erfolg, der Hardt/Negris "Empire" beschieden war, zeigte dass ein enormes Bedürfnis nach einer erneuten theoretischen Durchdringung des Kapitalismus existierte, insbesondere bei all jenen, die die formellen und informellen Treffen der Regierenden begleiteten und gegen die neoliberalen Strategien der Aneignung und Enteignung kämpften...

Veröffentlicht: 2009-06-01