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Frist für Exposés: 11. November 2024
Schwerpunktredaktion: Sarah Beyer, Melissa Büttner, Rubén Kaiser, Anke Kläver, Dorothea Schmidt, Alexandra Tost, Markus Wissen
Während sich die sozial-ökologische Krise, die maßgeblich durch den Klimawandel vorangetrieben wird, zunehmend verschärft, scheinen die sozial-ökologischen Bewegungen, die eben jene Krise adressieren, zunehmend selbst in die Krise zu geraten. Diese ist einerseits von aktuellen politischen Umbrüchen, andererseits von den Reaktionen der Bewegungen auf genau diese Umbrüche gekennzeichnet und findet im Spannungsfeld von Staat und Demokratie statt.
Ende der 2010er-Jahre erlebten diverse sozial-ökologische Bewegungen, beispielsweise Fridays for Future (FFF), einen enormen Aufschwung. Staatliche Politiken, die die sozial-ökologische Krise adressierten, etwa in Form des Green Deals der EU oder des neuen Klimaschutzgesetzes und des Koalitionsvertrags der Ampel in Deutschland, hatten Konjunktur – nicht zuletzt aufgrund der Stärke der Bewegungen. Dieser Aufschwung kam in den letzten Jahren jedoch ins Stocken. Sozial-ökologische Bewegungen befinden sich nun in einer neuen Phase mit veränderten politischen Rahmenbedingungen. Ein markanter Aspekt davon ist der globale Aufstieg rechter Kräfte und eine zunehmend autoritäre Staatlichkeit, die die Einflussnahme der Bewegungen zurückdrängt und bestimmte Formen des Protests kriminalisiert. Parallel dazu sind grüne Positionen und Projekte zunehmend geschwächt. Der Widerstand gegen den Green Deal der EU scheint zu erstarken. Auch die deutsche Ampelregierung bleibt hinter den zentralen Forderungen der Bewegungen weit zurück. Die politischen Prioritäten haben sich angesichts der Coronapandemie, des Kriegs in der Ukraine, der eskalierten Gewalt in Nahost sowie der Migrationsdebatten verschoben. Im Ergebnis wird die sozial-ökologische Krise trotz ihrer immer präsenteren Folgen derzeit politisch deutlich weniger priorisiert.
Diese skizzierten Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass sozial-ökologische Bewegungen zunehmend in die Defensive geraten. Gleichzeitig ist die Bewegungslandschaft von internen Auseinandersetzungen sowie von Bemühungen um die Identifikation neuer Themen und Aktionsformen geprägt. Es ist offen, wie sich die Rolle der Bewegungen verändert und ob sich Teile der Bewegungen in bestehende Machtstrukturen integrieren oder integriert werden. Im Spannungsfeld von Einhegung und Radikalisierung stellt sich die Frage, wie bestimmte Positionen oder Lösungsvorschläge innerhalb der Bewegungen behandelt und diskutiert werden und wie sich das Verhältnis von Bewegungen, Staat und Demokratie entwickelt.
In PROKLA 210 haben wir uns mit sozial-ökologischen Transformationskonflikten und linken Strategien beschäftigt. In Heft 219 soll nun der Fokus auf die veränderten Dynamiken innerhalb der sozial-ökologischen Bewegungen sowie auf ihre Wechselwirkungen mit Staat und Demokratie liegen. Ziel ist es, die Strategien der Bewegungen zu rekonstruieren und einzuordnen, sowie die Hemmnisse und Blockaden zu analysieren, mit denen sie konfrontiert sind. Dabei tragen wir den ambivalenten und heterogenen Positionen sozial-ökologischer Bewegungen Rechnung, die als Vorreiter*innen gesellschaftlicher Veränderungen wirken und doch gleichzeitig von ebenjenen Strukturen geprägt sind, die sie kritisieren. Entsprechend stellt sich die Frage, welche Grenzen und Möglichkeiten sich bei der Politisierung der sozial-ökologischen Krise derzeit ergeben, welche diskursiven oder realen politischen Erfolge in den letzten Jahren erzielt wurden und auf welchen Ebenen sich diese Erfolge oder Misserfolge abzeichnen.
Ein expliziter Fokus soll dabei einerseits auf den Wechselwirkungen mit Staat und Demokratie sowie den Strategien liegen, die auf dieses Verhältnis reagieren. Andererseits möchten wir uns mit den Zukunfts- und Transformationsvorstellungen der Bewegungsakteure in diesem Kontext befassen. So sind die Vorstellungen von Zukünften, die Forderungen, Strategien und Adressaten der Bewegungsakteure durchaus heterogen. Beispielsweise besteht Uneinigkeit darüber, ob eine umfassende Transformation innerhalb des kapitalistischen Wirtschaftssystems realisierbar ist. Zudem ist die Fähigkeit staatlicher Akteure zur Umsetzung eines transformativen Wandels umstritten, ebenso wie die Frage, ob sich mit den anvisierten Vorstellungen, Forderungen oder Aktionen gesellschaftliche Mehrheiten mobilisieren lassen.
Ausgehend von diesen Überlegungen stehen die folgenden Fragen im Mittelpunkt des Heftes: Wie verändern sich sozial-ökologische Bewegungen im Zuge der anfangs beschriebenen aktuellen Entwicklungen? Welche Transformationsstrategien und Allianzen verfolgen die Bewegungen? In welchem Verhältnis stehen die Bewegungen zum kapitalistischen Staat und zur Demokratie?
Im Einzelnen wünschen wir uns Beträge, die die folgenden Fragen adressieren:
Transformationsstrategien
Staat und Demokratie
Das Schwerpunktheft umfasst Beiträge aus unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Disziplinen, die sich sowohl aus international vergleichender Perspektive als auch auf regionaler oder nationaler Ebene mit den jeweiligen Bewegungen vor dem Hintergrund der genannten Fragen auseinandersetzen. Dafür lädt die Redaktion zur Einsendung von aussagekräftigen Exposés von ca. 2 Seiten mit einem klaren thematischen Fokus, evtl. Darlegung der Empirie und Literaturauswahl bis zum 11.11.2024 ein.
Die fertigen Artikel sollen bis zum 10.2.2025 vorliegen und einen Umfang von 45.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen, Fußnoten und Literaturverzeichnis) nicht überschreiten; politische pointierte Einsprüche haben 15.000 bis 25.000 Zeichen. Siehe auch die Hinweise für PROKLA-Autor*innen.
Zusendung bitte an: redaktion [at] prokla.de
PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft |ISSN: 0342-8176 | Impressum und Datenschutz