Der Arbeitskampf der Druckarbeiter in der Tarifrunde 1976
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v6i24.1715Schlagworte:
Arbeitskampf, Tarifpolitik, Druckerstreik, GewerkschaftenAbstract
Der Druckerstreik, eine unübliche Antwort einer kleinen DGB-Gewerkschaft auf die große Krise, kam zwar überraschend, aber aus guten Gründen. Zu begreifen ist er im wesentlichen aus den spezifischen Bedingungen der Branche und den Reaktionsmöglichkeiten der Betroffenen. Seine gewerkschaftspolitische Bedeutung kann aber erst voll erfaßt werden, wenn wir uns die gesamtwirtschaftliche und politische Situation vergegenwärtigen, in der das Handlungsbarometer für die Gewerkschaften eher auf Zurückhaltung als auf Sturm stand.
1974/7 5 erlebte die westdeutsche Wirtschaft ihre bisher schwerste Krise der Nachkriegszeit. Massenarbeitslosigkeit und Kurzarbeit erzeugten unter den Arbeitern und Angestellten existentielle Verunsicherung und damit eine Verschlechterung der gewerkschaftlichen Kampfkraft. Auf der anderen Seite wurde von Unternehmerverbänden, Wirtschaftsinstituten und Bundesregierung eine Entlastung von den Lohnkosten als Haupthebel zur Krisenüberwindung und Förderung der Investitionsneigung der Unternehmer propagiert. Der Druck auf die gewerkschaftliche Tarifpolitik steigerte sich im Sommer und Herbst 1975 bis zur Forderung nach einer „Lohnpause". Auch als sich Anfang 1976 in verschiedenen Branchen eine Produktionsbelebung abzeichnete und die Kurzarbeit zurückging, blieben zentrale tarifpolitische Daten unverändert: über eine Millionen Arbeitslose und die Empfehlung von Bundesbank, Bundesregierung und Sachverständigenrat, daß im Jahresdurchschnitt 1976 die Lohnsteigerungen 5 % nicht übersteigen sollten.