Wozu taugt Oral History?

Autor/innen

  • Lutz Niethammer

DOI:

https://doi.org/10.32387/prokla.v15i60.1404

Schlagworte:

Oral History, Zeitgeschichte, Sozialgeschichte, Wissenschaft

Abstract

Ein alter Klempner, 1900 in einer streng katholischen Arbeiterfamilie geboren, Metaller seit 1919, Gewerkschaftsfunktionär seit den 50er Jahren, seit 1928 und dann wieder seit seiner Pensionierung Ende der 60er Jahre Mitglied der KP, hat sein ganzes Leben in Kleinbetrieben der Metallbranche gearbeitet, im letzten 32 Jahre lang. Im Interview erinnert er sich auf die Frage, ob er in der »Blitzkriegsphase« an einen deutschen Sieg geglaubt habe, an die Hitlerrede, die den deutschen Angriff auf Polen bekanntgab, und erzählt: »Da hatte ich einen Kollegen, der war bei der SA, aber wir verstanden uns. Er wußte genau, daß ich frei eingestellt war. Und auf einmal hörten wir von dem Krieg. Der lebt aber auch heut nicht mehr: ist verunglückt, vom Dach gestürtzt. Da hörten wir, daß Krieg ist. 'Ja', sag' ich, 'Jupp' - Joseph hieß er, wir sagten Jupp, Abkürzung hier- 'ja, Jupp, der Krieg ist schon verloren', sagte ich zu dem SA-Mann. 'Mensch', sagt der, 'wie kannst Du sowas sagen!' 'Jupp', sag ich, 'wir werden uns nachdem wiedersprechen'. Nicht daß der mir was gemacht hätte oder so, das hat er nicht. Der kannte mich, wußte, daß ich ein guter Kollege war und alles, auch behilflich gern zu jemandem und so weiter.

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Veröffentlicht

1985-09-01

Zitationsvorschlag

Niethammer, L. (1985). Wozu taugt Oral History?. PROKLA. Zeitschrift für Kritische Sozialwissenschaft, 15(60), 105–124. https://doi.org/10.32387/prokla.v15i60.1404