Neoliberale Alternativlosigkeit, progressiver Liberalismus und der Aufstieg des autoritären Populismus
Warum die Ohnmacht antikapitalistischer Politik ein Grund zur Sorge ist, nicht aber das Gendersternchen
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v49i197.1850Schlagworte:
progressiver Neoliberalismus, Rassismus, Soziale Kämpfe, AfD, Autoritärer PopulismusAbstract
Der Artikel entwickelt eine Erklärung des Aufstiegs des autoritären Populismus, die die Rolle progressiver sozialer Kämpfe hervorhebt. Unter Bezug auf das Konzept des „progressiven Neoliberalismus“ von Nancy Fraser wird autoritärer Populismus als Reaktion auf Feminismus, Antirassismus, Multikulturalismus und die Rechte von LGBTQ interpretiert. Nicht wie Fraser argumentiert die neoliberale Vereinnahmung, sondern die Erfolge der Bewegungen und der durch sie ausgelöste Wertewandel, so wird gezeigt, sind jedoch das zentrale Moment für den Aufstieg des autoritären Populismus. Autoritärer Populismus ist eine konservative Gegenreaktion auf veränderte gesellschaftliche Kräfteverhältnisse und deren mediale und politische Repräsentation. Soziale Verwerfungen infolge des neoliberalen Kapitalismus und gescheiterte sozialdemokratische oder antikapitalistische Strategien tragen indirekt – über ihre subjektive Verarbeitung und da zuvor von linken Parteien gebundene konservativ-autoritäre Einstellungen freigesetzt werden – ebenfalls zum Aufstieg des autoritären Populismus bei. Autoritärer Populismus lässt sich damit als Folge verlorener linker Kämpfe und einer parallel dazu erfolgenden progressiven Liberalisierung interpretieren.
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