In Verteidigung des „pueblo"
Historische Sozialbewegung und heutige Arbeitsemigration in Südspanien
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v6i25.1710Schlagworte:
Sozialbewegung, Arbeit, Migration, SpanienAbstract
Soziale Bewegungen im vorindustriellen Milieu denken sich die befreite Gesellschaft meist als Wiederherstellung alter Zustände, die durch die Eingriffe der herrschenden Klasse in das soziale Leben zerstört oder depraviert worden sind. Im Gegensatz zu dieser rückwärtsgewandten Utopie hat die aufgeklärte Intelligenz der bürgerlichen Gesellschaft einen Begriff sozialen Wandels formuliert, der sich an der Idee gesellschaftlichen Wandels orientiert und die Unzulänglichkeiten der Gegenwart durch konsequente Beseitigung der alten Lebensformen des „unwissenden Volks" überwinden will. Nur wenn die Volksklassen (1) aus der überkommenen Welt des Lasters, der Ignoranz, der zeitlosen Muße, der Verkettung des Individuums in sozialen Kollektiven hinausgeführt werden, kann man auf eine entscheidende Verbesserung der Verhältnisse hoffen. Die befreite Gesellschaft gründet auf Emanzipation - sie löst die Abhängigkeit der Volksklassen an ihre naturwüchsigen Traditionen sozialen und kulturellen Lebens, ihre als „Aberglauben" stigmatisierten Muster geistiger Auseinandersetzung mit der Umwelt, um sie frei und fähig zu machen, ihre sozialen Beziehungen bewußt zu gestalten und ihr Denken über Strukturen und Bewegkräfte der Welt rational zu gliedern. Dem aufgeklärten Begriff gesell~chaftlichen Wandels ist die Verbreitung rückwärtsgewandter Utopien in Volksbewegungen ein Zeichen ihrer Unreife und ihres im Kern reaktionären Charakters.