Was kann man aus der Geschichte lernen?
Anmerkungen zu einer unerfreulichen Auseinandersetzung um die ,Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung'
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v9i35.1637Schlagworte:
Gewerkschaften, Deutschland, GeschichteAbstract
Daß ein Geschichtsbuch Staub aufwirbelt, ist ungewöhnlich. Im allgemeinen wird nur in Fachkreisen Notiz genommen von historischen Neuerscheinungen; die Öffentlichkeit bleibt davon weitgehend unbehelligt. Wächst sich die Debatte gar zum Skandal aus, dann fragt es sich umso mehr, wo der Zündstoff der Auseinandersetzung liegt, die solche außergewöhnliche Kreise zieht. Das im Kölner Pahl-Rugenstein Verlag erschienene Buch „Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung" (1) war Anlaß einer solchen Diskussion, die sowohl in ihrer Schärfe als auch in ihrer Publizität überraschend wirken mußte. Mit ihrer historischen Gesamtdarstellung der deutschen Gewerkschaftsgeschichte von ihren Anfängen im frühen 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart hatten es sich Marburger Wissenschaftler zum Ziel gesetzt, ,,die Krise als Moment des geschichtlichen Prozesses der kapitalistischen Produktionsweise bewußt zu machen, dem Mißbrauch der Geschichte zur Beschönigung der Gegenwart entgegenzutreten, die Verwirrung politischer Zielvorstellungen und das Anwachsen des Nationalismus und des Antikommunismus abzuwehren" (2). Sie hatten sich deshalb auch vor allem an einen Leserkreis aus dem gewerkschaftlichen Bereich gewandt, der angesichts aktueller gesellschaftlicher Krisenerscheinungen in besonderem Maße an einer problemorientierten Aufarbeitung geschichtlicher Erfahrungen interessiert sein mußte, ohne jedoch auf entsprechende Untersuchungen zurückgreifen zu können, die in lesbarer und leicht verständlicher Form einen umfassenden Überblick gegeben hätten über die Kämpfe, Niederlagen und Lernprozesse der deutschen Arbeiterbewegung (3). Insofern füllt dieses Buch eine Lücke aus, die es gerade für die Zwecke einer gewerkschaftlichen Bildungsarbeit geeignet erscheinen läßt.