Soziale Bewegung und Öffentlichkeit
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v11i43.1558Schlagworte:
Bewegungen, Öffentlichkeit, Marx, KlassenkampfAbstract
Daß sich die Linke ihrem eigenen Selbstverständnis nach als soziale, als »sozialistische Bewegung« begreift, erscheint ebenso selbstverständlich wie präzisierungsbedürftig: Nicht nur, daß sich unter dem Etikett der 'Bewegung' offenbar sehr verschiedenartige, sich teilweise heftig befehdende Organisationsansätze und Praxisformen verbergen; auch die mit der Adaption des Bewegungsbegriffs oftmals verbundene propagandistische Überhöhung und Stilisierung des eigenen Macht- und Kräftepotentials gemahnt zur Vorsicht. Ich vermute,
daß die Verbreitung und Attraktivität des Bewegungsbegriffs sich gerade seiner Diffusität und Imerpretationsbreite verdankt und darin begründet ist: darin nämlich, daß seine emphatische und zugleich undifferenzierte Verwendung es erlaubt, bestimmte im Marxismus längst überfällige theoretische und politische Fragen eben nicht aufzuwerfen und stattdessen eine fiktiv-optimistische Kontinuität und Zielgerichtetheit gesellschaftlicher Veränderungsprozesse zu postulieren. Der folgende Beitrag versucht, einige dieser Fragen in der Perspektive einer interaktionstheoretischen Ausdifferenzierung des Bewegungsverständnisses zu rekonstruieren und Kriterien zu entwickeln, durch die ein politisch beliebiger Umgang mit dem Begriff der sozialen Bewegung vermieden werden kann.