Transformationskern und kulturelle Hülle
Wissenschaft und Universität in der ökologischen Krise
DOI:
https://doi.org/10.32387/prokla.v20i79.1201Schlagworte:
Wissenschaft, ökologische Krise, Umwelt, TransformationAbstract
Wissenschaft ist in zweifacher Weise in ökologische und soziale Krisen verstrickt: Auf der einen Seite sind es wissenschaftliche und technologische Innovationen, die direkt für die Zerstörung natürlicher Umwelten und sozialer Milieus verantwortlich sind, auf der anderen Seite werden wissenschaftlich-technische »Modernisierungen« nach wie vor als der entscheidende Ausweg aus dem sozial-ökologischen Krisenzusammenhang der industriekapitalistischen Moderne und des zerfallenden Realsozialismus angesehen - ohne daß die Wissenschaften in ihrer derzeitigen Verfassung solchem Erwartungsdruck gewachsen wären. Wissenschaft ist also zentrale Krisenursache und gilt gleichwohl als umfassende »Problemlösung«. Die Frage nach den Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen einer sozial-ökologischen (Um)-Orientierung des Wissenschaftssystems und seiner einzelnen Disziplinen gewinnt vor diesem Hintergrund doppelte Brisanz und Dringlichkeit. Bisher aber wird sie nur in den unzureichenden gesellschaftstheoretischen und wissenschaftssoziologischen Konzepten eines funktionalistischen »common sense« gestellt und bearbeitet. Die »ökologische Krise« als Brennpunkt wissenschaftlicher und wissenschaftskritischer Diskurse reicht weit über das hinaus, was gewöhnlich als »Umweltkrise« thematisiert wird. Sie kann als eine Krise der Verwissenschaftlichung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse beschrieben werden, sie ist eine Krise der Organisationsform des gesellschaftlich relevanten Wissens als disziplinär spezialisierte Experten- Wissenschaft.