PROKLA 211 erschienen: Tarifvertrag
Das Tarifvertragssystem in Deutschland steht unter Druck. Bereits seit den 1990er-Jahren ist ein Rückgang der Tarifbindung zu beobachten. Die Gewerkschaften wurden in den vergangenen dreißig Jahren schwächer und ihre gesellschaftliche Handlungs- und Gestaltungskraft nahm ab. Durch marktliberale Reformen in der Wirtschafts-, Arbeits-, und Sozialpolitik, aber auch durch strategische (Fehl-)Entscheidungen sind sie in die Defensive geraten. Zudem mindert der seit Jahrzehnten andauernde Mitgliederverlust ihre Durchsetzungskraft. Daneben haben sich die Strategien der Arbeitgeber seit den 1990er-Jahren verändert.
Die Schwäche der Gewerkschaften in vielen Sektoren und Regionen führt dazu, dass die tariflich vereinbarten Löhne und Arbeitsbedingungen die ökonomische Lage der Beschäftigten kaum verbessern. Insbesondere in Ostdeutschland und auch im Dienstleistungssektor wird die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro eine Vielzahl von Tarifverträgen obsolet machen, da er deutlich über der dort festgelegten untersten Lohngruppe liegt. Allein dieser Umstand wirft die Frage nach der Legitimation der Tarifautonomie und ihr Verhältnis zur staatlichen Lohnpolitik auf.
Die PROKLA 211 greift verschiedene Themen rund um den Tarifvertrag auf: Das Verhältnis zwischen Tarifpolitik und Arbeitszeit, die tarifpolitischen Strategien der Gewerkschaften in Ostdeutschland, die Bedeutung der Mindestlohnerhöhung für die Tarifautonomie sowie die Tarifpolitik in der plattformvermittelten Lieferarbeit.
Das Editorial zum Heft »Tarifvertrag«, erste frei zugängliche Texte und das Inhaltsverzeichnis finden sich hier: