TY - JOUR AU - Oehlke, Paul PY - 2019/01/15 Y2 - 2024/03/29 TI - Probleme der Marxismusdiskussion in der Bundesrepublik JF - PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft JA - PROKLA VL - 9 IS - 36 SE - Artikel des Heftschwerpunkts DO - 10.32387/prokla.v9i36.1628 UR - https://prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/1628 SP - 61-74 AB - <p>Das alte Thema von der Krise des Marxismus macht wieder Schlagzeilen. Von ihr sprechen gegenwärtig allerdings weniger die bürgerlichen Meinungsmacher als marxistisch orientierte intellektuelle in der Bundesrepublik. So fand auf dem Soziologentag in Berlin (West) im April 1979 eine Veranstaltung zu dieser Thematik statt, die auf ein kaum zu erwartendes Interesse stieß. Es hat seinen verborgenen Grund in der eher resignativen Selbstreflexion einer von der Studentenbewegung der späten 60er Jahre geprägten Intelligenz, deren mühsam erkämpften Mitbestimmungsrechte, progressiven bis marxistischen Studieninhalte und didaktischen Konzeptionen wie des „forschenden Lernens" gleichsam mit einem Federstrick zunichte gemacht werden. Und das nicht nur durch den liberal-konservativen Bürgerblick, sondern auch durch eine sozial-liberale Koalition. Sie betreibt zugleich im Interesse des westdeutschen Exportkapitals ein neoklassisch eingefärbtes Krisenmanagement mit der Folge anhaltender Massenarbeitslosigkeit. Es scheint sich in politischer Hinsicht auch auf die westeuropäischen Nachbarn zu erstrecken, die bisher von sozialistischen Experimenten abgehalten werden konnten. Entsprechend tritt die Strategie des „historischen Kompromisses" der italienischen Kommunisten auf der Stelle, ist die „Linksunion" in Frankreich vorerst gescheitert, rollt die portugiesische Revolution schon längst zurück. Für den offenbar gestörten Zusammenhang von kapitalistischer Krise und politischer Offensive der sozialistischen Kräfte sind aber auch innenpolitische Faktoren verantwortlich: die komplexen gesellschaftlichen lntegrationsmechanismen in entwickelten kapitalistischen Industriestaaten und die unzureichende sozialemanzipatorische Praxis der traditionellen Arbeiterbewegung, die neue gesellschaftliche Problemfelder wie der Individualität, der sozialen Beziehungen und Umwelt<br>noch nicht adäquat verarbeitet. Gerade unter dem Primat der Praxis scheinen ihre Defizite auch auf eine Krise der marxistischen Theorie hinzudeuten.</p> ER -