PROKLA 218 |
55. Jahrgang | Nr. 1 | März 2025 | S. OF 1-OF 24
https://doi.org/10.32387/prokla.v55i218.2175
Margit
Mayer*
Die USA am Vorabend einer neuen Ära
Zusammenfassung: Ausgehend von einer Nachwahlanalyse, in der
die Wählerwanderungen seit den 1990er-Jahren in ihrem historischen Kontext
erklärt und das Resultat der sich zunehmend angleichenden beiden Parteien
identifiziert wird, fokussiert der Text auf die (Verschiebung der) Ideologien
und Interessen alter und neuer machtvoller Kapitalgruppen. Insbesondere die in
sich widersprüchliche Trump-Koalition ist für das Verständnis der künftigen
Politik der Trump-Regierung relevant, weshalb die Positionen der die Koalition
tragenden Gruppen (MAGA-Basis und führende Vertreter diverser
Wirtschaftssektoren) in den Feldern Migration/Abschiebungen, Handelspolitik,
Haushaltsdefizit und Staatsumbau beleuchtet werden.
Schlagwörter: Make America Great Again (MAGA),
Staatsumbau, Trump, US-Präsidentschaftswahl
The United States on the Eve of a new
Era
Abstract: Starting from a
post-election analysis that traces shifts in voting behavior since the 1990s in
their historical context, which resulted in the two parties becoming
increasingly similar in terms of demographic categories, the article focuses on
the shifts in ideologies and interests of both established and emerging capital
groups. As the contradictions within the Trump coalition might well shape the
options of a Trump 2.0 regime, the text then discusses the positions and
expectations of the components of this coalition (the MAGA basis and leaders
from relevant industry sectors) in the policy fields of migration/deportations,
trade and tariffs, budget deficit, and transforming the state.
Keywords: Make America Great Again (MAGA), State Transformation, Trump, US Presidential Elections
Vor der Amtseinführung von Donald Trump
kursieren vielerlei, höchst unterschiedliche Szenarien darüber, wie sich die
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der USA unter seiner Präsidentschaft
entwickeln könnten. Sie umfassen nicht nur die während des Wahlkampfs von
politischen Gegnern geschürten Horrorszenarien, die eine Trump-Regierung dem
Land mit Sicherheit bescheren würde, sondern überdies »Black Swan« Events,
die auch eine Trump-Regierung nicht leicht bewältigen könnte. Letztere reichen
von KI-initiierten Bankencrashs mit anschließender weltweiter Panik bis zu
zivilgesellschaftlich getriebener Klimarettung in »blauen« wie »roten« Staaten
(z.B. Politico 2025).
Auch mit sozialwissenschaftlichen
Methoden lassen sich nur bedingt Vorhersagen darüber machen, wie sich das
amerikanische Parteiensystem, die Politik der Trump-Vance-Regierung oder die
Stellung der USA in der gegenwärtigen spannungsgeladenen und dynamischen
geopolitischen Situation entwickeln werden. In diesem Aufsatz beschreibe ich
zentrale Voraussetzungen, ohne die eine solche Analyse nicht auskommen wird,
nämlich die materiellen Interessen der involvierten Akteure in ihrem
historischen Kontext. Es geht dabei um die Verschiebung der Interessen alter
und neuer Kapitalfraktionen und die Veränderungen des Parteiensystems, in dem
beide Parteien inzwischen die Widersprüche innerhalb ihrer jeweiligen Klientele
nur um den Preis der Selbstaufgabe ihrer ehemaligen Identität bändigen konnten.
Aus dem sich inzwischen abzeichnenden »Gruppenbild mit Musk« der
Kapitalgruppen, die Trump zur Macht verholfen haben, und deren Widersprüchen zu
den Interessen der »Make America
Great Again«-Basis (MAGA), die Trump die notwendigen
Stimmen geliefert hat, die schon bald nach dem Wahlsieg zu Tage traten, lassen
sich jedenfalls mehr Hinweise auf die künftige Politik1 der
Trump-Regierung ablesen als aus seinen Versprechungen im Wahlkampf.
I. Zwei
Parteien, die sich angleichen
Für die meiste Zeit ihrer
Geschichte vertrat die Republikanische Partei die Wohlhabenden, während die
Demokraten als Partei der Arbeiter- und Mittelklassen galten. Das begann sich
unter Bill Clintons Präsidentschaft zu ändern: Dessen Freihandels- und
Deregulierungspolitik initiierte die Deindustrialisierung ganzer Regionen und
riskierte damit die »Entfremdung« derjenigen Arbeiterschaft, die in häufig
gewerkschaftlich organisierten, angemessen entlohnten Jobs ein relativ
gesichertes Einkommen hatte. Seine Unterzeichnung des Freihandelsabkommens
NAFTA (1993), seine welfare-Reform (workfare
statt welfare,
also Streichung von Sozialleistungen bei gleichzeitiger Subventionierung des
Niedriglohnsektors), und seine insgesamt auf die Wall Street ausgerichteten
Politik haben die durch Deindustrialisierung und Globalisierung verursachte
Abwertung der heimischen Arbeiterklassen immer weiter vorangetrieben (Riley
2020; Weisman 2025).
Clintons Versprechen, die
verlorenen Jobs in der Fertigung durch neue Jobs in der Informations-Ökonomie
zu ersetzen, und die Arbeiter umzuschulen, erwies sich als leer (Mayer 2022:
49f.). Bald waren die Fabriken verschwunden,2 viele
Städte wurden zu Geisterstädten, in denen die meisten Menschen überarbeitet
sind und panische Angst davor haben, krank zu werden, denn dank des
amerikanischen Versicherungssystems kann dies schnell den Bankrott bedeuten.
Wahlstrategisch ignorierten die
Demokraten diese wachsenden Zahlen der Globalisierungsverlierer, also besonders
die Arbeiter*innen in städtischen wie ländlichen Regionen des rust belt,
und wandten sich stattdessen den urbanen, gebildeten und besserverdienenden
Teilen der Arbeiterklasse zu. Während noch 2008 die weiße, abgehängte bzw. sich
abstiegsbedroht sehende Arbeiterschaft mehrheitlich für Obama stimmte, setzte
2012 eine doppelte Wanderungsbewegung ein: Die abgehängte Arbeiterklasse wandte
sich stärker nach rechts, die urbanen und suburbanen, gebildeten Schichten
tendierten mehr zu den Demokraten.
Bei den Zwischenwahlen von 2014
manifestierte sich eine für beide
Parteien bedrohliche Krise: Die Wahlbeteiligung stürzte im Vergleich zu 2012 um
24 Prozent ab (Ferguson u.a. 2018: 3f.). Eine große Mehrheit der
wahlberechtigten Bevölkerung konnte sich offenbar nicht mehr dazu entschließen,
Parteien zu wählen, die nur noch vorgeben, ihre Interessen zu vertreten. Obama
hatte die Bankenkrise von 2008 »gelöst«, aber von der Erholung profitierten
lediglich die reichsten Amerikaner, die Wall Street, und die Finanzspekulanten,
die die Krise überhaupt produziert hatten – während Löhne weiterhin stagnierten
und Arbeitslosigkeitsraten hartnäckig hoch blieben. Die zunehmende
Konzentration des Reichtums an der Spitze, gekoppelt mit einer
Austeritätspolitik für die 90 Prozent, wurden insbesondere der Partei
angelastet, die traditionell die Arbeiterklasse vertrat und sich deren Sorgen
annehmen sollte. Zwar schnitten die Republikaner in dieser Wahl etwas besser
ab, aber die massive Wahlabstinenz signalisierte eine parteiübergreifende
Unzufriedenheit und damit ein Protestpotenzial, das bei der nächsten Wahl auch
deutlich zutage trat.
Bei den folgenden
Präsidentschaftswahlen 2016 siegte der Außenseiter Trump, Protestkandidat der
Tea-Party-Bewegung, der die Washingtoner Elite, die Banken und den »deep state« heftigst
attackiert hatte – obwohl kaum einer der Granden der Republikanischen Partei
und lediglich eine recht widersprüchliche Koalition von Kapitalgruppen seinen
Wahlkampf unterstützten. Bei den Demokraten zeigte sich die Kraft der
Protestwähler bei den Primaries,
insbesondere bei den Open
Primaries, wo Bernie Sanders die vernachlässigten
Arbeiterklassen, um die auch Trumps MAGA-Bewegung buhlte, sehr wohl ins
Demokratische Lager ziehen konnte. In seinem Sog konnten einige Kandidat*innen
der Democratic Socialists in den Kongress einziehen, und
auch auf einzelstaatlicher und lokaler Ebene übersetzte sich der Unmut über die
Kapitalhörigkeit der Führung der Partei in die Wahl von linken Kandidaten in
eine erstaunliche Anzahl von Ämtern und Posten wie Bürgermeister oder
Stadträte. Da die Führung sowie die Wahlstrategen der Demokratischen Partei
sich Stimmenzuwächse jedoch nur von den »gehobenen Schichten« versprachen,
setzten sie alles daran, Sanders aus dem Rennen zu werfen und die Demokratische
Partei als Partei der herrschenden Eliten zu etablieren. Seither lag die
institutionelle Macht, einschließlich der Medien, bei ihnen – obwohl Trump
2017–21 im Weißen Haus war.
Auch 2020, als Biden zur Wahl
stand, änderte sich das Profil der Wähler*innen, die für die Demokraten
stimmten, nur geringfügig. Weiße »blue collars« bewegten sich zwar wieder etwas auf
die Demokraten zu, aber den meisten Zulauf erhielt Biden von Weißen mit
College-Abschluss – wobei diese Gewinne durch Verluste bei hispanischen und bei
Schwarzen Wählern zunichte gemacht wurden. Das deklarierte Ziel von »Bidenomics« war, die Interessen der arbeitenden Amerikaner
zu priorisieren und gleichzeitig die Wunschliste der progressiven Wähler zu
bedienen, um so dem Trumpismus den Boden zu
entziehen. Aber während Bidens ersten zwei Amtsjahren sanken die Reallöhne und
die Zinsraten schnellten in die Höhe – ein starker Kontrast zu den steigenden
Löhnen und sinkenden Hypotheken zu Trumps Halbzeit, woran sich die mit
steigenden Lebenshaltungskosten konfrontierten Schichten sehr gut erinnern (Shenk 2024).3
Dies trug sicherlich zur
niedrigen Wahlbeteiligung sowie zur schwachen Mobilisierung von Stimmen für
Kamala Harris 2024 bei. 89 Millionen Menschen, also 35 Prozent der
Wahlberechtigten, sahen offenbar ihre Interessen von keiner der beiden Parteien
angesprochen.4
Harris hat über 7 Millionen Stimmen weniger als Biden vier Jahre zuvor
eingefahren. Und die, die sie mobilisieren konnte, stammten noch weniger aus
dem vormaligen demokratisch wählenden Reservoir. Während noch 2008 das reichste
Drittel um 20 Prozentpunkte eher republikanisch als demokratisch wählte, und
das ärmste Drittel umgekehrt um 20 Prozentpunkte eher demokratisch, war das
Verhältnis zwischen den beiden Parteien 2024 eher ausgeglichen.
Das heißt, die circa 160
Millionen Wähler*innen, die für eine der beiden herrschenden Parteien
votierten, haben – wie bereits seit 2008 – ein Ergebnis produziert, bei dem
sich Demokraten und Republikaner in fast gleich großen Blöcken gegenüberstehen.
Jedes Mal war der Ausgang äußerst knapp – auch wenn die Meinungsumfragen im
Vorfeld eher eindeutige, wenn auch falsche Ergebnisse prognostizierten. Die
Wahl 2024 war bereits die vierte in Folge mit weniger als 5 Prozent Differenz
zwischen den Parteien beim popular vote. Trump
erhielt 2024 zwar mehr Stimmen als 20205 und 2016,
und gewann damit erstmals seit 1988 als Republikaner den popular vote. Aber weder
konnte er über die 50-Prozent-Grenze springen, noch war sein Stimmenvorsprung
besonders signifikant. Sein Vorsprung war sogar kleiner als der jedes Siegers
nach George W. Bushs knappem Sieg im Jahr 2000, der mit einem Vorsprung von
0,51 Prozent gewonnen hatte.
Auch im Repräsentantenhaus haben
die Mehrheiten in drei konsekutiven Wahlgängen sehr knapp hin und her
gewechselt: In den 13 Wahlen seit 2000 wechselte die Kontrolle des
Repräsentantenhauses, des Senats und des Präsidentenamts jedes Mal zwischen
demokratischer und republikanischer Mehrheit. Beide Parteien sind also seither
sehr nah an der Macht; keiner von beiden ist es bislang gelungen, eine
dauerhafte (Regierungs-)Mehrheit zu halten, obwohl eine solche in der
amerikanischen Parteiengeschichte eher die Norm war.
Gleichzeitig sind sich die beiden
Parteien in Bezug auf ihre Wählerstrukturen immer ähnlicher geworden. Wie die
Daten der Nachwahlbefragungen 20246 zeigen,
haben sich ihre Wählerstrukturen in fast allen demografischen Kategorien
angeglichen. In der Kategorie Einkommen erhielt Harris mehr Stimmen von Wählern
mit Jahreseinkommen über 100.000 Dollar.7 Aber bei
keiner der Einkommenskategorien (die amerikanische Wahlforschung unterscheidet
Dollar lediglich drei Gruppen der Einkommensverteilung: unter 50.000 Dollar,
über 100.000 Dollar, zwischen 50 und 100.000 Dollar) konnten Demokraten oder
Republikaner mehr als 5 Prozent zusätzliche Stimmen gewinnen. Auch die
Wanderungsbewegung von Latinos, jugendlichen und weiblichen Wählergruppen weg
von den Demokraten und hin zu den Republikanern, die ebenfalls primär
ökonomisch begründet wurden, reflektieren den Trend zu einer
50:50-Parteienbalance (Wallace-Wells 2024). Die einzigen Bevölkerungsgruppen,
die sich nicht auf diese Parität zubewegen, sind zum einen Bewohner*innen
ländlicher Gebiete, die weitaus stärker für Trump votierten, und Schwarze
Wähler*innen, die nach wie vor überproportional stark für die Demokraten
stimmten, Schwarze Frauen sogar mit 91 Prozent (Wolf u.a. 2024).
Auch inhaltlich sind die beiden
Parteien in vielen Dimensionen sehr ähnlich geworden – selbst
wenn sie sich noch so sehr als Gegensätze präsentieren. So hat die
Biden-Harris-Regierung eine Reihe politischer Programme aus Trumps erster
Amtszeit übernommen, von seiner protektionistischen Industriepolitik und den
Einfuhrzöllen bis hin zur restriktiven Immigrationspolitik und
Massenabschiebungen (Sacchetti 2023). An Trumps Grenzzaun wurde unter Biden
ebenfalls weitergebaut (Rosenberg/Bose 2023). Und vor allem sind sie sich einig
in der Unterstützung der Finanz- und Tech-Industrien, also von Wall Street und
Silicon Valley.
Die Biden-Regierung hat
allerdings auch einige Reformen versucht, die in eine andere Richtung gingen
und zum Teil in der Linken gefeiert wurden, wie etwa die Gesetzespakete
»Inflation Reduction Act« und »CHIPS and Science
Act«. Aufgrund deren Ausgestaltung kamen diese jedoch weit mehr den Unternehmen
zugute als den arbeitenden Klassen (Mayer 2022:107ff.). Bisweilen stellte Biden
sich auf die Seite von Gewerkschaften und sogar Streikenden. Doch in so
gravierenden Fällen wie dem wegen horrend verschlechterter Arbeitsbedingungen
angekündigten Streik der Eisenbahner 2022 ließ er diese durch ein Streikverbot
disziplinieren. Die Ernennung von Lina Khan zur Vorsitzenden der Federal Trade Commission,
wo sie gegen die Monopolmacht und deren Missbrauch von Firmen wie Facebook und
Amazon vorgehen konnte, wurde in der progressiven Community gefeiert; Kamala
Harris jedoch ließ – unter dem Druck von generösen Spendern der Tech-Industrie
– nicht erkennen, dass sie an Khan festhalten würde. Vor allem haben die
Demokraten in den vier Jahren, in denen sie an der Regierungsmacht waren,
keinerlei wirksame Schritte gegen die wachsende Klassenpolarisierung der
amerikanischen Gesellschaft unternommen, was auch konservative Kommentatoren
wie David Brooks (2024) für eine zentrale Aufgabe der Demokraten halten.
Das Oszillieren der beiden
Parteien um das 50:50-Patt herum, wo lediglich ein paar hunderttausend Stimmen
in den umkämpften swing states den Ausschlag geben darüber, wer im
Weißen Haus regieren wird, sowie die zunehmende Ähnlichkeit der beiden Parteien
was ihre Wählerstruktur und auch ihre Programmatik angeht, verweisen darauf,
dass die beiden Parteien nicht mehr Vehikel für klar unterscheidbare Interessen
sind, sondern eher zwei Varianten autokratischer Herrschaft, die beide im
Dienst des Kapitals agieren. Die einen versuchen über das rhetorische Bedienen
der Sorgen der vom ökonomischen Wandel und der herrschenden Kultur
vernachlässigten Gruppen diese einzubinden. Die andere Variante ist mehr auf
eine Optik der Anständigkeit bedacht und versucht, den Eindruck zu erwecken,
dass sie für »das Gute«, das »moralisch Richtige«, eben für »westliche
demokratische Werte« steht. Die meisten Kapitalfraktionen schienen bislang
stärker den Demokraten zugeneigt, doch sie erhielten8 letztlich
von beiden, was sie mit ihren Investitionen (Spenden und »dark money«) kauften. Sichtbare Differenzen
markierten sie eher in kulturellen, aber für ihre Interessen belanglosen
Fragen.
Beide Parteien stützen sich auf
fragile Koalitionen, deren jeweilige Bestandteile real kaum überlappende,
sondern eher antagonistische Interessen haben. Ihre abwechselnde
(Vor-)Herrschaft in Washington verbessert nichts an den realen Problemen, die
die Kandidaten während der Wahlkampfphasen durchaus ansprechen.9 Beide
haben den 90 Prozent, die durch die massive Umverteilung von Vermögen nach oben10 verarmt
wurden, nichts anzubieten.
II. Die
Trump-Koalition und ihre Financiers
So wie die Republikanische Partei
neuerdings eine Koalition aus Arbeiterschaft und Superreichen darstellt,
besteht auch die Trump tragende Koalition aus Kapitalgruppen und Großspendern11
einerseits, und einer aktivierten Basis andererseits, die sich (primär aber
nicht nur) aus der weißen Arbeiterklasse rekrutiert, sowie aus KMU-Betreibern
inklusive Farmern und Angestellten im Privatsektor (white-collar workers).
Zum Teil stammen aus diesen Schichten auch die Anhänger rechter Bewegungen wie
die Proud Boys (ausführlicher in Mayer 2024).
Die MAGA-Basis
Mit seiner nationalistisch
orientierten Wirtschaftspolitik spricht Trump, wie bereits 2016, jene Arbeiter-
und Mittelklasse-Schichten an, die unter dem Offshoring der Industriejobs
litten, und die Migranten als Konkurrenz am Arbeitsmarkt wahrnehmen. Dazu
kommen auch diverse Gruppen in höheren Schichten, die sich durch den
gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Wandel in ihrem Status bedroht sehen.
Während er ihnen jedoch 2016 einen durch public-private-Investitionen
in die Infrastruktur getriebenen Boom versprach, hat er im Wahlkampf 2024
stärker auf kulturelle und religiöse Abwehrreflexe gesetzt und so die sozioökonomischen
Ursachen ihrer Sorgen eher kulturalisiert. Die
zunehmende Sichtbarkeit des national-konservativen Flügels12 in der
Republikanischen Partei, vor allem seit J.D. Vance als Vizepräsident designiert
wurde, gab dieser Basis Rückendeckung, auch wenn dessen
national-chauvinistische Versprechen an die Arbeiterklasse sicherlich kaum in
konkrete Maßnahmen übersetzt werden, außer in individualisierende, die
Wahlfreiheit des einzelnen Arbeiters unterstreichende Programme. Die Motivation
der Trump-Anhänger blieb ungebrochen, sie betrieben vor allem in den »roten«
Staaten auf lokaler Ebene exzellentes Organizing,
besonders im zivilgesellschaftlichen Alltag, um so weitere Anhänger zu
rekrutieren (Mayer 2022: 206ff.).
Die Kapitalgruppen
Die amerikanischen
Wirtschaftseliten sind gespalten, und zwar nicht nur zwischen unterschiedlichen
sektoralen Interessen, die angesichts struktureller Stagnation um staatliche
Unterstützung konkurrieren, sondern auch in Bezug auf Freihandel und Protektionismus
angesichts der einerseits engen, andererseits agonistischen Beziehung zwischen
den USA und China. Während seiner ersten Amtszeit verschärfte Trump diese
Interessenskonflikte innerhalb der dominanten Klasse noch, indem er in
regelmäßigen Attacken auf Social Media Konzerne wie
General Motors, Google, Pfizer, Amazon oder Comcast beschimpfte (Riley 2018).
Zu Beginn
des Wahlkampfs verteilten sich die kapitalseitigen Spendengelder folglich nach
dem Muster der beiden vorherigen Wahlen: Wall Street, Silicon Valley und
weitere zentrale Kapitalgruppen konzentrierten ihre Spenden stärker auf die
Kandidaten der Demokraten als die der Republikaner. Das ermöglichte Harris (wie
vorher Hilary Clinton und Joe Biden), Trump im Wettlauf um das große Geld weit
hinter sich zu lassen.13 Obwohl
Trump den Großkonzernen und den Reichen massivere Steuerkürzungen versprach,
schien ihr Einstehen für die existierende Ordnung – im Gegensatz zu Trump, der
eine »gefährliche Herausforderung« für diese Ordnung darstelle - zu überzeugen.
Aber im September/Oktober begannen »einige der größten Namen der Finanzwelt
sich von ihrer anfänglichen Unterstützung für Kamala Harris zu distanzieren« (Gasparino 2024). Medien berichteten, dass die Top-CEOs bei
Goldman Sachs und J.P. Morgan, David Solomon and Jamie Dimon,
die sich nach Bidens Rückzug hinter Harris gestellt hatten, zwar nach wie vor
Trumps anti-globalistische und populistische Haltung
fürchten, aber dass sie angesichts des sich in den Umfragen abzeichnenden Patts
kalte Füße bekämen. Denn was ihre Firmen überhaupt nicht gebrauchen können,
wäre ein ihnen feindlich gesonnener Präsident Trump.
Verschiebungen im kapitalseitigen
Sponsoring
Um zu verstehen, wie dieser
Umschwung zustande kam, hilft ein Blick auf die Entwicklung der Parteispenden
durch Kapitalgruppen bzw. der Beteiligung an den jeweiligen Partei-Koalitionen
differenziert nach Wirtschaftssektoren seit 2016. Noch vor vier Jahren
bestanden beide
Partei-Koalitionen aus Vertretern des Finanz-, Versicherungs- und
Immobilienkapitals, doch Silicon Valley stand exklusiv auf Seiten der
Demokraten und die extraktiven Industrien standen exklusiv auf Seiten der
Republikaner (Meaney 2021). Die Koch-Brüder versagten
Trump die Unterstützung, und typische Unterstützer der Republikaner wie Firmen
der Rüstungs- und Luftfahrtindustrie waren weit weniger generös Trump gegenüber
als bei früheren republikanischen Kandidaten, was deren Verunsicherung durch
Trumps Unberechenbarkeit und seine freundlichen Kommentare zu Russland
spiegelte. Erst als Rebeccah Mercer intervenierte
(die Tochter des ehemaligen CEO von Renaissance Technologies und
Hedgefonds-Managers Robert M. Mercer [Cadwalladr
2017], und selbst Direktorin der Mercer Family Foundation),
gelang es, Trumps Wahlkampfbudget aufzufüllen. Sie knüpfte ihre finanzielle
Unterstützung an die Bedingung, dass Steve Bannon und Kellyanne
Conway führende Rollen in der Kampagne übernehmen müssten. Diese fokussierten
den Wahlkampf dann auf die alten Industrieregionen, was wiederum mehr Gelder
einbrachte von Firmen in der Stahl- und Kautschukverarbeitung sowie im
Maschinenbau und anderen Unternehmen, die sich von protektionistischen
Maßnahmen Vorteile erhofften. In den folgenden Wochen floss neues Geld von
einigen der größten Investoren und Unternehmen in die Kampagne: Sheldon Adelson
und viele andere aus der Casino-Industrie lieferten in großem Stil für ihren
ehemaligen Kollegen (Ferguson u.a. 2018).
Peter Thiel,
Mitbegründer von Paypal und des KI- und
Datenanalyse-Unternehmens Palantier, trug mehr als
eine Million Dollar bei, und auch aus anderen Teilen Silicon Valleys flossen
nun große Summen, unter anderem von Chefs bei Microsoft sowie von Cisco
Systems. Interessant war ebenso der Einstieg großer Private-Equity-Firmen, also
des Teils der Wall Street, der feindliche Übernahmen zu einem Geschäftsmodell
gemacht hat, um angeblich aufgeblähtes und ineffizientes »big business« zu disziplinieren. Sie galten
damals im Rest der Wall Street und in den Kreisen der Lobbyorganisation Business Roundtable
noch als geächtete Parias, bildeten jedoch letztlich, zusammen mit der Öl-,
Chemie-, und Bergbauindustrie, eine der amerikanischen Kapitalgruppen (und die
einzige Fraktion des Finanzkapitals),14 die
Trump am stärksten unterstützte. Insgesamt brachte diese erste Trump-Kampagne
etwas mehr als 861 Millionen Dollar zusammen – gegenüber Hillary Clintons 1,4
Milliarden Dollar (Ferguson u.a. 2018:45).
Offensichtlich hatte Trump 2016
noch sehr mächtige Gegner im kapitalistischen Lager: Nicht nur unter liberal
orientierten Bankern und Unternehmern (wie Hedgefonds-Manager und
Klima-Investor Tom Steyer oder Michael Bloomberg), sondern auch unter Kapitalisten,
die traditionell rechte Agenden unterstützt haben. Die Milliardär-Brüder
Charles und David Koch zum Beispiel lehnten Trumps Positionen in Bezug auf
Immigration und Handel strikt ab. Innerhalb der Republikanischen Partei
bündelte die noch starke Fraktion der Neokonservativen und traditionellen
Internationalisten diese verschiedenen Vorbehalte sowie die Widerstände aus
Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtindustrien gegenüber Trump, sie veröffentlichten
offene Briefe und drohten mit Abwanderung ins Clinton-Lager.
Die Koalition, die Trump unter
dem Motto »America First«15 2016
hinter sich vereint hatte, war also äußerst instabil und widersprüchlich. Sie
bestand aus heterogenen Investorenblocks, die wenig gemein hatten außer einer
starken Abneigung gegenüber der herrschenden demokratischen Regierung (Ferguson
2018: 48). 2021 verlor Trump aufgrund des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar
stark an Glaubwürdigkeit in der Geschäftswelt. Dieser Sturm entsetzte die
Business Community, bedrohte er doch die Legitimität des Staats, der lange
erfolgreich für die wirtschaftlichen Eliten funktioniert hatte. Die National Association
of Manufacturers
rief am Tag nach dem Sturm Vizepräsident Pence dazu auf, Trump des Amtes zu
entheben. Dutzende von Konzernen verpflichteten sich öffentlich, ihre
finanziellen Zuwendungen an die 147 republikanischen Kongressmitglieder
einzufrieren, die für die Nichtanerkennung des Wahlergebnisses von 2020
gestimmt hatten.16
Facebook und Instagram sperrten Trumps Accounts.
Für viele Beobachter schien mit
dem Sturm aufs Kapitol die Stunde der moderaten Republikaner gekommen. Auch
Mike Davis (2021) schrieb, dass nun traditionelle kapitalistische
Interessengruppen wie die National
Association of Manufacturers, der Business Roundtable,
sowie die schon länger Trump-skeptischen Koch-Brüder die alte Allianz zwischen
christlichen Evangelikalen und Wirtschaftskonservativen wiederherstellen
könnten – bei gleichzeitiger Wahrung der legislativen Errungenschaften der
Trump-Ära. Davis ging davon aus, dass eine Aussöhnung zwischen moderaten
Republikanern und »True Trumpists« (die im
Repräsentantenhaus und in »roten« einzelstaatlichen Parlamenten noch präsent
waren) nicht möglich sein würde, er antizipierte eher einen »offenen
Bürgerkrieg zwischen den Republikanern«.
2024: Bedrohung des Kapitalismus
durch die Demokraten oder Bedrohung der Demokratie durch Trump?17
Es sollte weder zu einer
Aussöhnung noch zu einem inner-republikanischen Bürgerkrieg kommen. Vielmehr
stellte sich die Republikanische Partei komplett hinter Trump.18 Und
nachdem die Wähler bei den 2024er-Vorwahlen Trump einen überwältigenden Erfolg
bescherten, machte er den Vertrauensverlust wieder gut, und viele der bis dato
zögerlichen Spender begannen, ihre Position zu überdenken. Unter den ersten
waren Öl- und Fracking-Unternehmer wie Harold Hamm, der mit Bohrungen in der North Dakota Bakken Formation
Milliarden Dollar verdiente und der Wiederwahl-Kampagne im Lauf von 2024
persönlich mehr als 1,6 Millionen spendierte, seine Firma, Continental Resources,
weitere zwei Millionen. Vom Sieg Trumps versprach er sich, dass mehr
Bundesländer für Bohrungen zugänglich gemacht und Umweltauflagen minimiert
würden. Trump holte ihn in sein Übergangsteam (Dawsey/Joselow 2024; Fassler 2024).
Milliardäre wie der Blackstone
Group-CEO Stephen Schwarzman, der Trump schon in der ersten Runde unterstützt
hatte, aber den Sturm aufs Kapitol als Affront gegen die Demokratie geißelte,
ließ schon im März verlauten, dass er bei der bevorstehenden Wahl wieder Trump
unterstützen werde; der Hedgefonds-Manager und CEO von Pershing Square Capital
Management Bill Ackman, der Trump
deswegen sogar zum Rückzug aufgefordert hatte, postete seine Unterstützung im
Juli auf X. Marc Andreessen, Silicon Valley-Unternehmer, Eigentümer der
Venturecapital-Firma Andreessen Horowitz sowie Investor in KI und
Kryptowährungen, der sein Leben lang die Demokratische Partei unterstützt
hatte, verkündete im Juli, dass er ein Super-PAC19 für
Trump unterstützen werde und spendierte mehr als 3 Millionen Dollar (Severns
u.a. 2024, Douthat/Andreessen 2025).
Der Hedgefonds-Manager Scott Bessent, der früher für Soros gearbeitet hatte, von dem er
2015 auch zwei Milliarden Dollar für die Gründung seiner Key Square Group
erhalten hatte, spendete früher großzügig für Al Gore, Hillary Clinton und
Obama, aber erkannte 2016, dass eine Unterstützung für Trump lohnender sein
könnte. Seine Investitionen tätigt er vornehmlich in den Bereichen neuster
Technologien, extraktiver Industrien und Immobilien. Nun hat Trump ihn als
Finanzminister nominiert. Einen noch extremerer Vertreter
des vulture capitalism
stellt Marc Rowan dar (Morrow 2024).20 Trump
hat diesen CEO der Apollo
Management Group ebenfalls für das Finanzministerium interviewt.
Sein Geschäft sind vor allem Private-Equity-Deals, mit denen Krankenhäuser und
Altersheime in ländlichen Gebieten geplündert und dann weiterverkauft werden.
Diese (Wall-Street-)Fraktion, insbesondere die Risikokapital-Anleger und
Vertreter des vulture capitalism,
sind bislang führend in diesem Trio. Nach Trumps Wahlsieg titelte das Wall
Street Journal in Vorfreude auf die versprochenen Steuersenkungen und Deregulierungen:
»Die Wall Street geifert angesichts der Aussicht auf einen neuen Trump-Boom.
Die gigantische Rally an der Börse am Mittwoch nach der Wahl verheißt laut
Anlegern und Analysten ernorme lukrative Chancen«.21 Eine
Reihe weiterer Milliardäre aus der Finanz- und Tech-Industrie gesellten sich
zur wachsenden Schar der Trump-Unterstützer (Sutton 2024).
Zugrunde liegt diesen
Kehrtwendungen ein Unmut über Bidens Politik, der schon länger bei den
Tech-Riesen sowie in Teilen der Wall Street gärte: Denn Bidens Besetzungen der
Börsenaufsicht (Securities
and Exchange Commission, SEC) und der Federal Trade Commission
(FTC) bedeuteten strenge Regeln in Bezug auf Fusionen und Übernahmen. Die FTC
hatte bereits 2020 ein Verfahren gegen Zuckerbergs Meta
eröffnet, dem sie vorwarf, der Konzern habe mit dem Kauf von WhatsApp und
Instagram 2014 potenzielle Konkurrenz ausgeschaltet und sein Monopol beim
Betrieb sozialer Netzwerke unrechtmäßig aufrechterhalten. Risikokapital-Firmen
wiederum reagierten kritisch auf Bidens Ernennung von Gary Gensler zum
Vorsitzenden der SEC und von Lina Khan zur Direktorin der FTC. Die SEC startete
Ermittlungen gegen Musk, als er 2022 Twitter für 44 Milliarden Dollar kaufte,
wegen möglicher Verletzung von Wertpapiergesetzen. Viele fanden, Bidens »techlash«
ginge nun eindeutig weit genug und orientierten sich
um (Sutton 2024).
Während die Medien (bis August)
noch über »die bessere Beziehung von Harris zur Wall Street« titelten (Hur/Egan
2024), flossen die Spendengelder und Unterstützungserklärungen von Wall Street,
aus der Tech-Branche und vom Business Roundtable
bereits in Richtung Trump – und zwar großzügiger als zuvor. Auch der reichste
Mann der Welt, Elon Musk, wechselte nun zu den Großspendern für Trump, dessen
Wahlkampf er fast 280 Millionen Dollar zukommen ließ.22 Er
avancierte zu Trumps wichtigstem Berater und prospektiven Leiter, gemeinsam mit
dem Pharmaunternehmer Vivek Ramaswamy,
des außerstaatlichen Department of Government Efficiency (ausführlicher in
den nächsten Abschnitten).
Neu in der republikanischen
(diesmal breiter aufgestellten) Koalition sind die beiden jüngsten Branchen der
Tech-Industrie: Kryptowährung und Künstliche Intelligenz. Allein die Lobby der Kryptoindustrie gab für diese Bundeswahlen 265 Millionen
Dollar aus – fast so viel wie alle andern Kapitalgruppen zusammen (Barker
2024), was ihnen half, mehr als 270 Pro-Krypto-Kandidaten in den Kongress zu
platzieren. Dabei fuhr sie sicherheitshalber doppelgleisig: Von ihren drei
Super-PACs unterstützte Defend American Jobs
primär Republikaner, Defend Progress vor allem
Demokraten, und FairShake verteilte an
beide Parteien, um gezielt ausgewählte Kandidaten unter Druck zu setzen. FairShake
setzte seine Gelder in den Vorwahlen vor allem für aggressive negative
Kampagnen ein, um progressive demokratische Kandidaten wie Jamaal
Bowman in New York und Katie Porter in Kalifornien aus dem Rennen zu werfen (Duhigg 2024). Der zentrale Verband der Industrie, die Blockchain Association,
veröffentlichte noch vor der Wahl im November eine Wunschliste, in der sie ihre
Forderungen an die neue Regierung deutlich machte: ein Ende der restriktiven
Bankregeln für Krypto-Unternehmen, die Ernennung eines neuen Vorstands der Federal Communications Commission (FCC) bzw. Regulation durch eine
ihnen freundlicher gesonnene Behörde als die FCC, sowie neue Leitungen im
Finanzministerium und bei der Steuerbehörde (Brewster 2024).
Die Leitmedien nahmen die
wachsende Rolle der Tech-Firmen und des Venturecapitals recht zögerlich – und
häufig entsetzt – zur Kenntnis. Entsprechende Meldungen wurden gern
komplettiert mit Vorhaltungen von »Experten«. Ein Guardian-Artikel von Steven
Greenhouse etwa bot eine eindrucksvolle Liste von Professoren auf, um den
Milliardärs-Unternehmern die Augen zu öffnen: Die Unterstützung von Trump und
MAGA-Kandidaten würde doch ihren Interessen schaden und der Demokratie
obendrein. Die Vorhaltungen gipfelten darin, die neuen Trump-Financiers daran
zu erinnern, dass die Konzerne, die vor acht Dekaden Hitler unterstützten, noch
heute damit beschäftigt seien, sich von diesem Makel reinzuwaschen (Greenhouse
2024).
Doch nach Trumps Wahlsieg gab es
kein Halten mehr. Der Meta-Chef Zuckerberg, der Trump zwei Jahre lang von
Facebook verbannt hatte, war schon im Juli mit großem Lob für den
Präsidentschaftskandidaten an die Öffentlichkeit gegangen, weil er so beeindruckt war von Trumps Reaktion auf das Attentat bei
einer Wahlkampfveranstaltung, aus dem er mit erhobener Faust hervorging (Notopoulos 2024). Die endgültige Versöhnung erfolgte sofort
nach dem Wahlsieg, als eine ganze Parade von Firmen- und Vorstandschefs nach Mar-a-Lago
pilgerte: Neben Zuckerberg machten auch Tim Cook von Apple, Sundar Pichai und
Sergey Brin von Google sowie der Amazon-Gründer Jeff
Bezos, der sich früher ebenfalls nur kritisch über Trump geäußert hatte, dem
neuen »König« ihre Aufwartung. Meta, Amazon, Uber, sowie Sam
Altman von Open AI23
und der CEO des AI-Search-Startup Perplexity
versprachen obendrein je eine Million für die Feierlichkeiten zur
Amtseinführung am 20. Januar 2025 (Rana 2024; Smith 2024; Nover 2024; Müller
2024a). Allen erscheint es sinnvoll, sich mit der neuen Regierung gut zu
stellen – wenn nicht aus Profitstreben und einer »guten amerikanischen
Tradition« heraus (Tribelhorn 2024), dann aus Furcht vor Trumps
uneingeschränkter Macht oder dem Glauben, dass Widerstand zwecklos sei.
Entsprechend hat Trump nun der
Tech- und Krypto-Branche versprochen, ihren Forderungen nachzukommen. Er hat
einige ihrer Vertreter auf wichtige Posten platziert – wie den
PayPal-Mitgründer Ken Howery, die beiden Venturecapitalists Scott Kupor
und Sriram Krishnan, sowie
den Tech-Boss David Sacks, der als »white house czar« für Krypto und Künstliche Intelligenz«
zusammen mit anderen Neu-Besetzungen ein kryptofreundliches
policy environment
schaffen soll. Dazu gehört auch Paul Atkins, der seit langem fordert, auch
Krypto-Währungen weniger zu regulieren. Ihn hat Trump zum Vorsitzenden der SEC,
also der amerikanischen Börsenaufsicht, ernannt – als Nachfolger des in der
Branche unbeliebten Gary Gensler.
III. Trump
2.0: Vorhaben und Widersprüche
Die zentralen Versprechen, die
Trump auch schon zu seinem ersten Sieg verholfen haben und die er in diesem
Wahlkampf intensivierte, entsprechen den breit geteilten (engen) Interessen
sämtlicher Kapitalgruppen: Noch mehr Deregulierung für Unternehmen und noch
massivere Steuersenkungen für Konzerne und Reiche.24 Bei
sämtlichen anderen Vorhaben – ob in der Wirtschafts- und Handelspolitik, bei
der Kontrolle der Migration oder beim geplanten Staatsabbau – herrscht
innerhalb seiner Koalition weniger Einigkeit. Es zeigen sich schon jetzt
materielle und/oder ideologische Gegensätze, von denen einige im Folgenden kurz
beleuchtet werden.
Massenabschiebungen
Massenabschiebungen waren das Thema, mit dem
Trump seine MAGA-Basis mobilisierte. Auch einige Wirtschaftssektoren würden von
Trumps »Krieg gegen die Immigration« profitieren, insofern Arbeitskräfte, die
in permanenter Furcht vor einer Abschiebung leben, kaum bereit sind für ihre
Rechte zu kämpfen. Andererseits hätte die Umsetzung dieses Wahlversprechens
gravierende Folgen für die Wirtschaft und würde unabsehbare Kosten verursachen.
Die sogenannten undokumentierten Migranten machen zwar insgesamt nur 5 Prozent
der Erwerbstätigen der USA aus, aber beispielsweise in der
Nahrungsmittelindustrie stellen sie mindestens 15 Prozent. Auch die
Arbeitsmärkte in weiteren Schlüsselindustrien wie im Baugewerbe, wo fast 14
Prozent der Beschäftigten keinen legalen Status haben, sowie im Gastgewerbe und
in der Landwirtschaft,25 würden
zusammenbrechen, was wiederum Arbeitsplatzverluste für alle möglichen anderen
Sektoren und deren »legale« Arbeiter*innen hätte (East 2024; Bamberg 2024), von
explodierenden Lebensmittelpreisen ganz zu schweigen.
Dazu kämen riesige Kosten, die
die Durchführung der Abschiebung von 11 Millionen Papierlosen verursachen würde
– der American
Immigration Council (2024) berechnete allein dafür 315 Milliarden
Dollar. Die Umsetzung dieses Wahlversprechens erscheint also unrealistisch, die
Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft und das Steueraufkommen wären
desaströs. Das BSP würde um zwischen 4,2 und 6,8 Prozent sinken (American
Immigration Council 2024).
Während seiner ersten Amtszeit
hat Trump kurzzeitig versucht, die Zahl »illegal« in den USA arbeitender
Migrant*innen über die Arbeitgeberseite zu reduzieren, also mittels Maßnahmen
wie E-Verify, wobei die Unternehmen über die
Sozialversicherungsnummern ihrer Beschäftigten sicherstellen müssen, dass
tatsächlich nur solche mit Aufenthaltstiteln bei ihnen arbeiten. Wenn Trump ein
solches – recht aufwendiges - Programm nicht ausweitet, wird er dieses
Wahlversprechen nicht effektiv umsetzen können. Ein paar groß inszenierte
PR-Razzien in Betrieben könnten seine Basis kurzfristig in Laune halten, aber
den versprochenen Effekt, den die »America
First«-Gruppen einfordern, würden sie nicht bringen.
Diese »America
First«-Basis hat Trump bereits verärgert, bevor er überhaupt sein Amt antrat,
indem er eine Ausweitung legaler Arbeitsmöglichkeiten für Ausländer über
H-1B-Visa ins Spiel brachte. Solche Visa ermöglichen Arbeitgebern, die
spezielle Jobs nicht mit entsprechend ausgebildeten vorfindlichen Fachkräften
füllen können, diese aus dem Ausland zu holen. In dem Shitstorm, der in den
sozialen Medien darüber ausbrach, konnte man einen Vorgeschmack bekommen auf
die doch sehr unterschiedlichen Interessen und Erwartungen der »traditionellen«
MAGAs, die Trumps Wählerbasis bilden, und den »neuen« MAGAs der Milliardäre,
die Trump 2024 finanzierten. Für die MAGA-Aktivisten bedeutet America First, dass auch
Stellen für Ingenieure, wie sie in der Tech-Branche benötigt werden, mit
amerikanischen Fachkräften zu besetzen sind – mussten sich aber von den
Spitzen-MAGAs belehren lassen, dass nur im Ausland solche Top-Talente zu
rekrutieren seien. Während Vertreter der Basis beklagten, dass von den
Tech-Milliardären weder 2020 noch in den Vorwahlen 2024 irgendeine
Unterstützung für Trump zu sehen war, aber sie sich jetzt hochdotierte Verträge
und Positionen sichern, konterten die Tech-Manager mit Attacken auf »die
amerikanische Kultur«, die »schon viel zu lange Mittelmäßigkeit gegenüber
Spitzenleistungen verehrt« (Richardson 2024b, Lambert 2024).
Zölle, Handels- und
Industriepolitik
Schon während seiner ersten
Amtszeit hatte Trump mit dem Freihandels-Mantra gebrochen und mit seinem
damaligen Handelsbeauftragten Robert Lighthizer damit
begonnen, Handelspolitik zu völlig neuen Zwecken zu nutzen: Handel also nicht
mehr nur mit dem Ziel, die bestmögliche internationale Arbeitsteilung möglichst
effizient zu nutzen, sondern darüber auch diverse andere Zwecke zu realisieren
– wie zum Beispiel die Senkung von Standards bei den Arbeitsbedingungen, das Reshoring verarbeitender Industrien in den mittleren
Westen, überhaupt die Diversifizierung der ökonomischen Basis der USA. Biden
führte diesen Ansatz weiter, wenngleich mit etwas anderen Zielen. Er führte
Trumps Zölle auf bestimmte chinesische Produkte fort, und erhöhte sie sogar
gegen Ende seiner Amtszeit von 25 auf 100 Prozent. Seine Ziele waren, damit
nicht nur der chinesischen Exportindustrie einen Stich zu versetzen, sondern
auch zur Erfüllung seiner Klimaziele beizutragen sowie durch den Schutz
heimischer E-Auto-Produktion, Halbleiterindustrie und sauberer
Energieproduktion industriepolitische Akzente zu setzen (Aronoff
2024).
Trump kündigte nun an, auf sämtliche
eingeführte Waren Zölle zu erheben, sogar auf solche aus Mexiko und Kanada, mit
denen er selbst 2018 ein Handelsabkommen abgeschlossen hat. Er variiert die
Zahlen immer wieder: 25 Prozent auf alle mexikanischen und kanadischen
Produkte, 10 bis 20 Prozent auf alle sonstigen importierten Waren, ausgenommen
auf Chinaimporte, die mit 60 Prozent oder mehr belegt werden sollen. Auch er
verfolgt damit mehrere Ziele: Wie unter Biden sollen sie die heimische
Produktion fördern, darüber hinaus sollen sie die Handelsbilanzdefizite mit
Partnerländern verringern, vor allem mit China26; und sie
sollen Geld in die Staatskasse bringen, um das Haushaltsdefizit verschwinden zu
lassen, womöglich gar die Einkommenssteuern zu ersetzen. Teile der Wall Street
jedoch sind in Sorge, dass eine solch harte Zollpolitik Handelskriege auslösen
und letztlich zu Preiserhöhungen27 führen
werde (Ip 2024). Aber Howard Lutnick,
als Gründer und CEO des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald »Wall Street
Urgestein« (Robertz 2024) und nun designierter
Handelsminister, widerspricht vehement und verteidigt sie als ausgezeichnetes
Instrument um die Produktion in Amerika zu stärken (Restuccia/Schwartz
2024).
Nur haben die USA nicht für alle
dann teureren Importe auch heimische Ersatzproduktion bzw. können sie nicht
schnell genug ankurbeln. Außerdem verteuert sich auch die heimische Produktion,
wenn Zölle die Preise von importierten Vorleistungsgütern erhöhen. China sitzt,
vor allem wenn es um die Materialien geht, die in E-Autos und anderen
elektronischen Geräten verbaut werden, schließlich am längeren Hebel.
Verschiedene Kapitalgruppen sind also sehr unterschiedlich affiziert durch eine
solche harte Zollpolitik. Selbst wenn sie sich einigen könnten: Die höheren
Preise werden auf jeden Fall die Konsumenten treffen – grade jene, die in der
neoliberalen Ära dank Billiggut aus Fernost besänftigt wurden.
Haushaltsdefizit
Im Steuerjahr 2024 haben die USA
netto 882 Milliarden Dollar für Schuldzinsen ausgegeben – mehr als für das
Militär. Durch die Senkung der Unternehmenssteuern wird Trump das Budgetproblem
sogar noch verschlimmern. Unter anderem deswegen hat
Trump Musk und Ramaswamy darauf angesetzt, mit einer
neuen »Effizienzkommission« den Beamtenapparat in Washington zu verschlanken
und damit auch das Defizit zu verringern. Musk schwebt vor, zwei Billionen
Dollar aus dem 6,75 Billionen Dollar umfassenden Haushalt zu streichen. Die
meisten Bundesbeschäftigten (drei Millionen) arbeiten direkt oder indirekt für
das Verteidigungsministerium; da sind Kürzungen sowohl aus Gründen der
nationalen Sicherheit sowie ideologischen Gründen kaum möglich. Die beiden
nächsten großen Departments sind Veterans’ Affairs (mit
400.000) und Homeland
Security (mit mehr als 200.000 Beschäftigten). Auch in diesen
Bereichen würden umfangreiche Kürzungen und Entlassungen bei den
Trump-Anhängern nicht gut ankommen. Und außerdem verbieten sich Kürzungen bei Homeland Security,
falls die Regierung wirklich Massenabschiebungen durchführen will.
Das Bildungsministerium, schon
seit Jahren im Visier der Republikaner, hat kaum mehr als 4.000 Mitarbeiter.
Sein Budget von 45 Milliarden Dollar wird vor allem an lokale Schulen verteilt,
etwa für sonderpädagogische Maßnahmen. Der Entzug solcher Mittel in
benachteiligten ländlichen Regionen, die selbst kein Geld für solche
»Luxus«-Programme haben, würde wiederum die Trump-Basis enttäuschen.
Außerdem verschlingen ganz andere Posten den Großteil des Haushalts: Allein die
Altersvorsorge und medicare, die
Krankenversicherung für Rentner, kosten den Staat 2,1 Billionen Dollar
jährlich. Trump hatte im Wahlkampf versprochen, diese äußerst beliebten
Programme nicht anzutasten (Müller 2024b), doch schon melden sich
republikanische Kongressmitglieder wie Richard McCormick zu Wort: »Wir werden
die Demokraten einbeziehen müssen, um über die Altersvorsorge, Medicaid und
Medicare zu sprechen. Es müssen Hunderte Milliarden Dollar eingespart werden,
und wir wissen, wie das geht; wir müssen nur den Mut haben, diese
Herausforderungen anzunehmen« (zitiert in Richardson 2024a). Im Dezember haben
die Republikaner im Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf eingebracht, der die
Ausgaben des Bundes um 114 Milliarden Dollar kürzen soll – vor allem in den
Bereichen Klima, Energie, Gesundheit, und Transport, beim Pentagon setzen sie
keinen Rotstift an. Dahinter steht ihr frisch gegründeter Caucus,
der in Anlehnung an die außerstaatliche Beraterkommission von Musk und Ramaswamy auch DOGE heißt, allerdings stehen die Buchstaben
hier für Delivering Outstanding Government
Efficiency. Hier organisieren sie sich, um weitere Gesetze zur
Reduzierung von Schulden und Ausgaben durch den Kongreß
zu bringen.
Staatsumbau
Die Maßnahmen zur Reduktion des
Haushaltsdefizits stehen in engem Zusammenhang mit dem vielleicht wichtigsten
Vorhaben der neuen Regierung, dem massiven Ab- und Umbau des Staats. Das
900-seitige Project 2025
wurde von der Heritage Foundation geleitet, an der
Erarbeitung dieses Plans partizipierten mehr als hundert konservative
Organisationen. Eine führende Rolle spielte Russell Vought, ein erzchristlicher Nationalist, der bereits in der ersten
Trump-Regierung Direktor bzw. Vize-Direktor des Office of Management
and Budget (OMB) war und danach das Center for Renewing America gründete.
Er hat sich dem Ziel verschrieben, den »administrative state«
mitsamt seinen zigtausenden Beamten abzuschaffen – und wird dies als neuer Chef
des OMB umzusetzen versuchen (Savage u.a. 2024). Das Amt gibt ihm schließlich
die Möglichkeit, »alles zu finanzieren, was wir mögen, und alles zu streichen,
was wir nicht mögen«, wie der MAGA-Intellektuelle und Stratege Christopher Rufo bekanntlich als Marschbefehl ausgegeben hat.28
Sämtliche administrativen Funktionen sollen von der Bundesregierung nach unten,
auf einzelstaatliche und County-Ebenen übertragen werden. Ganze Ministerien und
Behörden sollen aufgelöst werden (insbesondere das Justiz- und
Bildungsministerium, das FBI, und die Umweltschutzbehörde EPA). Mit diesem
extremen Dezentralisierungskonzept steht der libertäre Flügel innerhalb Trumps
Koalition potenziell im Widerspruch zur Wall-Street-Fraktion, denen die
Erzielung höchster Renditen weitaus wichtiger als die Verschlankung des Staats
ist.
Die Umsetzung des Project 2025 – und
darauf ist das neue Team um Trump dieses Mal bestens vorbereitet29 –
impliziert nicht nur, wie eben beschrieben, Kürzungen einzelner Programme,
sondern die Demontage einer Vielzahl staatlicher Funktionen und die Stärkung
der Exekutive. Der Umbau soll insbesondere auf zwei Wegen umgesetzt werden:
Erstens mit der Umwandlung von Karrierebeamten in nach politischen Kriterien
Berufene.30
Das heißt, künftig werden statt Ingenieuren, Ärzten und sonstigen
Professionellen dort politisch loyale Leute ohne fachliche oder juristische
Expertise arbeiten. Das beträfe etwa 50.000 der mehrere
Millionen umfassenden Karrierebeamten, die aufgrund ihrer mangelnden
Kompetenzen tatsächlich Chaos anrichten könnten. Zweitens durch die
Ermächtigung der Exekutive, mittels Aufhebung des Impoundment Control Act von 1974,
werden die den Haushalt betreffenden legislativen Prozesse ausgehebelt, sodass
die Exekutive eigenständig, unabhängig vom Kongress, über Ausgaben verfügen
kann.
Eingesetzt, um den Abbau zu
organisieren und »überflüssige« Programme zu streichen, hat Trump Elon Musk und
Vivek Ramaswamy, die ein
außerhalb der Regierung angesiedeltes Department of
Government Efficiency (DOGE), also ein informelles
Beratungsgremium ohne eindeutig geregelte Kompetenzen leiten sollen. Würden sie
eine offizielle Regierungstätigkeit übernehmen, müssten sie sich von ihren
Firmen zurückziehen, dürften dort also weder eine Führungsposition innehaben
noch von ihren Investitionen profitieren. Im Fall von Musk hat das Verschwimmen
von enormer privater und politischer Macht neue Dimensionen erreicht. Sein
E-Auto-Konzern Tesla profitiert von hohen staatlichen Subventionen, sein Erfolg
als Unternehmer hängt eng von der Klima- und Zollpolitik ab. Sein
Raumfahrtunternehmen SpaceX lebt von Regierungsaufträgen. Seine diversen Firmen
haben in den letzten 16 Jahren Aufträge im Wert von mehr als 20 Milliarden
Dollar aus unterschiedlichen Ministerien erhalten (Lipton u.a. 2024) – was
nicht zuletzt staatstheoretische Fragen aufwirft, denen nachzugehen sein wird.
Zunächst geht es um die sich
abzeichnenden Spannungen innerhalb des künftigen Regierungsteams. Hier wird das
generelle Ziel von Bürokratieabbau zwar einhellig unterstützt, aber es steht
auch in Widerspruch zu Trumps Plänen für harte Zölle und eine restriktive
Migrationspolitik sowie zu den Forderungen so mancher Großkonzerne in der
Pharmaindustrie oder in der Landwirtschaft, die stark von umfangreichen
staatlichen Subventionen für ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen
abhängig sind. Nicht zuletzt steht es in Widerspruch zu den Erwartungen der
Basis, die sich eine familien- und arbeitnehmerfreundliche Politik Washingtons
erhofft.
Die sich abzeichnende
Transformation des US-amerikanischen Staatsapparats würde uns in ein anderes
System katapultieren, zweifellos ein kapitalistisches, das
nach wie vor einige neoliberale Züge trägt (z.B. Deregulierung) – aber eben
auch durch fundamental neue, chaotisch-autoritäre Merkmale gezeichnet wäre. Es
gibt keine Anzeichen für einen aus den Kapitalfraktionen hervorgehenden
kohärenten pro-MAGA-Block, aber sehr wohl Indizien, dass der neoliberale
Konsens der amerikanischen herrschenden Klasse weiter erodiert ist.
Beide politischen Parteien sind
kapitalhörig, wobei sich die demokratische Partei eher zur Schaffung
übergeordneter günstiger Voraussetzungen für das Prosperieren des US-Kapitals
anbietet. Die Republikaner dagegen bedienen eher das engere Interesse des Kapitals
an der Sicherung maximaler Renditen (indem sie versprechen, den Steuersatz für
Konzerne zu senken oder die Öl- und Gasproduktion zu steigern). Mit dieser
›Arbeitsteilung‹ sowie mit ihren jeweiligen ideologischen Schwerpunktsetzungen
verprellen die Parteien jeweils auch bestimmte Kapitalgruppen. Offenbar meinen
zurzeit gewichtige Teile der kapitalistischen Fraktionen, dass sie die
Sicherung der Rahmenbedingungen für ihr Prosperieren gerade nicht so sehr
benötigen.
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1 Zumindest auf seine
Wirtschafts-, Sozial-, Migrations- und sonstige Innenpolitik. Die Faktoren, die
seine Außenpolitik bestimmen könnten, erscheinen gegenwärtig zu chaotisch und
bleiben deshalb in diesem Text außen vor.
2 Während 1980 Jobs in
der Fertigung noch 22 Prozent der Beschäftigung ausmachten, waren sie 2015 auf
10 Prozent abgestürzt, was nicht nur den rust belt des oberen Teils
des Mittleren Westens betraf, sondern auch die Südstaaten und die westlichsten
Staaten der USA, in denen die Flugzeug- und Raumfahrtindustrie dezimiert wurde.
Seit den 1990er-Jahren sind über 30 Millionen Jobs verloren gegangen (Leopold 2024;
Riley 2018; Weisman 2025). Diese Deindustrialisierung hatte gravierende soziale
Konsequenzen, die sich in steigenden Armutsraten, Drogenabhängigkeit, und »deaths
of despair«
manifestierten, wie Case und Deaton (2020)
aufzeigten.
3 Ausführlicher werden
die Politikfelder, in denen Bidens Wirken seine Wähler enttäuschte, bei Mayer
(2022:104ff.) erörtert.
4 »How
Many People Didn’t Vote in the
2024 Election?«, https://www.usnews.com/ (15.11.2024).
5 2020 hatte Biden von
den 158,6 Millionen abgegebenen Stimmen 81,2 Millionen gewonnen – und damit die
höchste absolute Stimmzahl je erreicht (51,3 Prozent) – und Trump 74,2
Millionen (46,8 Prozent).
6 »Exit Polls«, https://www.nbcnews.com/.
7 In dieser Kategorie
erzielte sie mit 7 Prozentpunkten sogar den größten Vorsprung für einen
demokratischen Kandidaten in der jüngeren Geschichte
8 Für die Finanzmärkte
war es bei der letzten Wahl offenbar völlig egal, welche Partei siegen würde.
Larry Fink, Chef von BlackRock (mit 11,5 Billionen Dollar der größte
Vermögensverwalter der Welt), sagte laut Financial Times auf einer Konferenz
veranstaltet von der Securities
Industry
and Financial Markets Association
am 21.Oktober 2024: »Ich habe es satt zu hören, dass dies die wichtigste Wahl
unseres Lebens sei. Die Wahrheit ist, dass es langfristig gesehen keine Rolle
spielt.« Bei BlackRock arbeite man gut mit beiden Regierungen und führe mit
beiden Kandidaten Gespräche (https://www.ft.com/, alle englischsprachigen Zitate wurden
übersetzt).
9 Im letzten Wahlkampf
adressierte Trump jedenfalls die stagnierenden Löhne und schrumpfenden Chancen
der 90 Prozent, auch wenn er von den Verursachungszusammenhängen ablenkte durch
xenophobe, rassistische und frauenfeindliche Narrative, während Harris mehr von
opportunity
und joy
sprach (Rubin 2024).
10 Das Verhältnis von
CEO-Gehältern zum Durchschnittseinkommen betrug 1965 etwa 21 zu 1. Seit den
1990er-Jahren explodierte es: Anfang 2015 etwa 275 zu 1 und 2022 auf 344 zu 1 (Bivens/Kandra 2023).
11 Von ihnen kamen 70
Prozent der Zuwendungen für Trumps Wahlkampagne (https://www.opensecrets.org/).
12 Dieser
arbeitnehmerfreundliche Flügel unterhält auch Think Tanks wie etwa den 2020
gegründeten American
Compass, der es sich zur Aufgabe macht, eine
familienfreundliche Wirtschafts- und Sozialpolitik, komplementär zum
Abtreibungsverbot, zu erarbeiten.
13 Sie war sogar
erfolgreicher als Biden und sammelte fast 1,5 Milliarden Dollar ein – vor allem
von Wall-Street-Bossen, die früher eher republikanische Kandidaten bevorzugt
hatten (Hur/Egan 2024).
14 Dazu gehörten der
Milliardär und Hedgefonds-Manager Bill Ackman sowie
Stephen Schwarzman, Milliardär und CEO des Vermögensverwalters Blackstone, der
inzwischen der größte Wohnungseigentümer der Welt ist, allein in den USA
gehören ihm mehr als 300.000 Mietwohnungen (Norton 2024; O’Brian
2022; Private Equity Stakeholder Project 2023).
15 Dieser Slogan
beinhaltete sowohl die Herausforderung der neoliberalen Handels- und
Migrationspolitik als auch des herrschenden Konsenses bezüglich militärischer
Interventionen und der traditionellen internationalen Bündnisse.
16 »A look at the companies
freezing PAC contributions
after Capitol riot«, https://www.opensecrets.org/ (13.1.2021).
17 Kathy Wylde,
Präsidentin und CEO der Partnership
for New York City, welche die
Spitzen der New Yorker Geschäftswelt vertritt, gab zu Protokoll, dass
Republikaner ihr gesagt hätten, »die Bedrohung des Kapitalismus durch die
Demokraten [sei] besorgniserregender als die Bedrohung der Demokratie durch
Trump« (Sutton 2024, Douthat 2025).
18 Sie ging sogar –
teils mit Gewaltandrohung – gegen Parteimitglieder vor, die im Januar 2021 für
Trumps Amtsenthebung gestimmt hatten (Mayer 2022: 35), während einige der Neocons (Neokonservativen), Liz Cheney vorneweg,
beleidigend als »Republicans in name only« (RINOs) Bezeichnete tatsächlich zu
Unterstützern der Demokratischen Partei wurden.
19 Super-PACs sind Political Action Committees zum Einsammeln von Spenden,
die die für normale PACs geltenden Regeln umgehen und Spenden ohne Limit
eintreiben und ausgeben dürfen.
20 »One
of Trump’s Treasury contenders hails from the most
cutthroat private equity
firm on Wall Street«, https://edition.cnn.com/ (22.11.2024).
21 »Wall Street Salivates Over a New Trump Boom«, https://www.wsj.com/
(6.11.2024).
22 Laut OpenSecrets handelt es sich um die größte je von einem
einzelnen Spender aufgewendete Summe. Diese Investition hat sich inzwischen
mehr als ausgezahlt. Der Economist (vom 26.12.2024) kalkulierte, dass der
kombinierte Wert seiner sechs Firmen – Tesla, Space X, X, xai,
Neuralink und die Boring Company – im Jahr 2024 um
circa 90 Prozent gestiegen ist, was die Schöpfung eines Aktionärsvermögen von
etwa 900 Milliarden Dollar repräsentiert. Musk selbst ist damit, Stand Dezember
2024, 450 Milliarden Dollar »wert«. Noch nie hat sich ein Unternehmer mit
solchen Summen in die amerikanische Regierung eingekauft.
23 Altman war stets
prominenter Spender für die Demokraten, aber nun meint er, »Präsident Trump
wird unser Land in das Zeitalter der künstlichen Intelligenz führen« (Nover
2024).
24 Eine Anlayse von Trumps Vorschlägen zu den Steuerkürzungen des Institute on Taxation and Economic Policy zeigt, dass sie extrem
regressive Wirkungen haben werden: Die reichsten 5 Prozent der Amerikaner
würden 1,2 Prozent weniger an Steuern zahlen, während die unteren 95 Prozent
mehr Steuern zahlen würden: die ärmsten 20 Prozent sogar 4,8 Prozent mehr (ITEP
2024, Norton 2024).
25 In Kalifornien sind
etwa 1,5 Millionen Arbeiter*innen – 7 Prozent der dortigen Arbeitskräfte –
undokumentiert (Pew Research Center 2024).
26 Dabei ist China das
Land, aus dem die USA die zweitmeisten Importe
beziehen (Höfgen 2024).
27 Auch das Tax Policy Center (2025) hat berechnet, dass bereits
10-prozentige Einfuhrzölle zusammen mit 60-prozentigen auf chinesische Waren im
Jahr 2025 zu einem durchschnittlichen Einkommensverlust für US-Haushalte von
1.800 Dollar führen würden.
28 »The guy who brought
us CRT panic offers a new far-right
agenda: Destroy public education«, https://www.salon.com/ (8.4.2022).
29 Denn sie nutzten die
vergangenen vier Jahre, um eine Thinktank- und Bildungs-Infrastruktur
aufzubauen, die sowohl Politikkonzepte als auch Personal für die neue
republikanische Rechte entwickelt hat (siehe Mayer 2022: 38ff.).
30 Schon im letzten
Jahr seiner ersten Amtszeit sah ein Executive Order Trumps vor,
Tausende von Staatsbeamten zu entlassen und durch loyale Leute zu ersetzen.
Dieser als Schedule F
bekannte Plan sollte also nicht nur für die circa
4.000 politischen Besetzungen gelten, die jeder neue Präsident
auswechseln darf, auch er ging bereits weit über die
typischen Zielscheiben der Rechten hinaus (Swan 2022; Mayer 2022: 208f.).
* Margit Mayer lehrte
Nordamerikanische und vergleichende Politik an der Freien Universität Berlin
und war langjähriges Mitglied zunächst der Redaktion, später im
wissenschaftlichen Beirat der PROKLA.